Als fünfter Impfstützpunkt im Rems-Murr-Kreis ist am Mittwoch Backnang in Betrieb gegangen – und es gibt viele weitere Angebote. Die Terminvergabe läuft jetzt über ein neues Portal und soll viel besser funktionieren.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Backnang - Siegfried Thienst ist hochzufrieden. Soeben hat er – unkompliziert und ohne anstehen zu müssen – seine Corona-Booster-Impfung bekommen und während der anschließenden Viertelstunde Kontrollzeit noch ein bisschen in Nostalgie schwelgen können. „Ich bin hier ganz in der Nähe aufgewachsen“, sagt der 72-Jährige, der mit seiner Familie vor mehr als 30 Jahren nach Kirchberg gezogen ist. Als er erfahren hat, dass im Backnanger Technikforum, einem Museum für die einschlägige örtliche Geschichte, ein Stützpunkt zur Corona-Immunisierung eingerichtet worden ist, hat er sich gleich angemeldet.

 

Impfteams des Landes vor Ort

Die ehemalige Industriehalle der Firma Kaelble in Backnang ist am Mittwoch als fünfter Impfstützpunkt im Rems-Murr-Kreis an den Start gegangen. Wie Fellbach, Murrhardt und Welzheim wird das Technikforum von je zwei mobilen Impfteams des Landes „bespielt“, die am Klinikum Stuttgart angesiedelt sind. In Schorndorf stellt eine Orthopädische Praxis Logistik und Personal. Je Standort könnten die Teams pro Tag 108 Impfungen leisten, sagt Gerd Holzwarth, der die Aktionen als Dezernent im Landratsamt koordiniert. Das seien in dem Zeitfenster 10 bis 15 Uhr 24 Pikser pro Stunde oder 3500 Einheiten pro Woche.

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„Wir müssen beim Impfen jetzt gemeinsam Tempo machen“, sagt der Landrat Richard Sigel, „deshalb bin ich den Städten und Gemeinden dankbar, dass sie so tatkräftig mitanpacken und mit ihren Mitarbeitenden die vielen Impfaktionen im Rems-Murr-Kreis möglich machen.“ Der Kreis bringt sich zusätzlich noch mit zwei eigenen Teams beim Impfen ein. Einen entsprechenden „Vorratsbeschluss“ hatte sich der Landrat im Herbst nach der vom Land angeordneten Schließung der Kreisimpfzentren vom Kreistag absegnen lassen – unter der Voraussetzung, dass sich herausstellen sollte, dass zusätzliche Kapazitäten benötigt würden. Die Teams, die zuvor auch schon im Kreisimpfzentrum aktiv waren, sind bereits in zwei Kommunen unterwegs gewesen.

Wohnortnah immunisieren

Vor allem im Backnanger Raum begrüßt man die jetzt auch dort angesiedelten Impfstützpunkte. „Wir hätten uns schon damals dringend ein zweites Kreisimpfzentrum an der Murr gewünscht“, sagt der Backnanger Oberbürgermeister Maximilian Friedrich. Seinerzeit habe man Impfwillige identifizieren und mithilfe von Rotem Kreuz oder Seniorenbus nach Waiblingen befördern müssen. Nun könnten die Leute wohnortnah und gut an den ÖPNV angebunden zum Immunisieren gehen. Die Bemühungen von Kreis und Kommunen griffen gut ineinander.

Letztere machen über die Stützpunkte hinaus zum Teil ihre eigenen Angebote. In Backnang ist am Freitag auch im Seniorenzentrum eine Impfaktion ohne vorherige Terminvergabe über die Bühne gegangen. In Schwaikheim und Großerlach stehen solche sogar am Sonntag an. Auch in Waiblingen ist an diesem Sonntag im örtlichen Bürgerzentrum eine Impfaktion mit mobilen Teams des Klinikums Stuttgart. Zudem will die Stadt im Einkaufscenter Remspark bis zur zweiten Dezemberwoche eine Möglichkeit einrichten, in der Hausärzte impfen sollen. Ähnliches praktiziert die Stadt Fellbach schon länger in der dortigen Alten Kelter.

Kreis macht Terminvergabe für Impfstützpunkte selbst

Die Terminvergabe für die Impfstützpunkte läuft über die Internetseite des Landratsamts. Man sei sehr froh, dies nun selbst in die Hand nehmen zu können, lässt Gerd Holzwarth durchblicken, und nicht mehr auf das vom Bund gesteuerte Portal angewiesen zu sein. Denn dieses habe, euphemistisch ausgedrückt, nicht gerade gut funktioniert. Das gesamte Angebot sei nun auf einer Internetseite zusammengefasst.

Dort sollen von kommender Woche an auch die Angebote von Ärzten oder Apotheken aufgeschaltet werden. Wer keinen freien Termin mehr finde, könne sich weiter auch an mobile Aktionen halten, so Holzwarth. Ob dabei Termine oder Spontanimpfungen angeboten würden, entscheide die Kommune. Verabreicht würden wahlweise Impfstoffe von Johnson, Moderna oder Biontech. Booster-Impfungen für letztere beiden Impfstoffe seien sechs Monate nach der zweiten Immunisierung möglich.

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Siegfried Thienst, der für seine ersten beiden Pikser noch nach Sindelfingen gefahren war, ist nicht nur mit dem Impfservice in Backnang hochzufrieden. Unter den Ausstellungsstücken im Technikforum, die er sich jetzt mal in Ruhe hat anschauen können, hat er auch den Bereich Nachrichtentechnik entdeckt, in dem sein Vater als Mitarbeiter von Telefunken seinerzeit in Backnang tätig gewesen ist.

Das Impfangebot und Termine unter: www.rems-murr-kreis.de/kiz

So ist die Lage im Landkreis

Inzidenz
 Die Zahl der auf 100 000 Einwohner hochgerechneten Neuinfektionen innerhalb der vergangenen sieben Tage lag am Donnerstag seit mehreren Tagen wieder unter der 500er-Marke. Sie ging nach Angaben des Landratsamts von 511 auf 489 zurück. Gleichwohl wurden fünf neue Covid-19-Todesfälle registriert.

Kliniken
 Die Rems-Murr-Kliniken behandeln zurzeit 72 Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind. 21 davon müssen auf der Intensivstation versorgt werden, alle werden künstlich beatmet. Landesweit sind 630 Betten auf Intensivstationen mit Covid-Patienten belegt.

Impfquote
 Jüngsten Erhebungen des Sozialministeriums zufolge liegt die Quote der Vollimmunisierten Personen im Rems-Murr-Kreis bei 62,4 Prozent.