In Schulen und Kitas im Kreis herrscht Verunsicherung: Trotz massiv ansteigender Infektionen schwächt ein neuer Handlungsleitfaden die Quarantänevorgaben ab. Was sind die Hintergründe?

Waiblingen - Die Inzidenz schießt landesweit weiter nach oben. Im Rems-Murr-Kreis liegt die Zahl derer je 100 000 Einwohner, die in den vergangenen sieben Tagen mit Neuansteckung gemeldet worden sind, mit 1436 knapp unter der 1500er-Marke, während der Stadtkreis Ulm mit 2166 der erste Landkreis in Baden-Württemberg ist, der über 2000 liegt. In Stuttgart lag die Inzidenz am Freitag bei lediglich 613, doch die Kreise Böblingen und Göppingen mit 1695 und 1601 verzeichneten deutlich höhere Werte als der Rems-Murr-Kreis.

 

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Aktuell befinden sich im Kreis rund 7500 Bürger wegen positiver Coronabefunde in Quarantäne. Allein in Waiblingen sind es mehr als 1000. Die Kreishauptstadt hat mit einem rasanten Anstieg in dieser Woche Fellbach als kreisinternen Hotspot abgelöst. Dort hat die Zahl gegenüber dem Wochenanfang sogar etwas abgenommen und liegt, Stand Freitag, bei knapp 800.

Wie entwickelt sich die Lage in den Rems-Murr-Kliniken? Die hoffnungsvollere Seite der Entwicklung: In den Rems-Murr-Kliniken tendiert die Zahl derer, die wegen schwerer Ansteckungsverläufe in der Intensivstation behandelt oder gar beatmet werden müssen, gegen Null. Insgesamt versorgen die Rems-Murr-Kliniken derzeit 31 Covid-Patienten, davon werden zwei auf der Intensivstation versorgt und einer beatmet. Landesweit ist die Hospitalisierungsinzidenz derweil allerdings mit 6,5 von ins Krankenhaus eingewiesene Neuinfizierten je 100 000 Einwohnern in dieser Woche erstmals seit Anfang Dezember vergangenen Jahres wieder über die Marke der im Spätherbst 2021 definierten Alarmstufe II (6,0) gestiegen.

Warum nehmen die Sorgen um die Situation in Schulen und Kitas zu? Laut aktueller Zahlen aus dem Kultusministerium des Landes sind derzeit in Baden-Württemberg mehr als 35 000 Schüler und etwa 2600 Lehrkräfte als coronapositiv registriert. Bei den Schülern entspricht dies einem Krankenstand von immerhin 2,4 Prozent. Für die gut 170 Schulen im Rems-Murr-Kreis liegen keine detaillierten Zahlen vor, aber die Tendenz an den Schulen in allen Arten entspricht recht genau der im Land.

Dies hat bereits seit zwei Wochen zu immer mehr nach Hause geschickten Klassen, beurlaubten Kita-Gruppen oder sogar zur Schließung ganzer Einrichtungen geführt. Ein grober Zwischenstand aus der vergangenen Woche lag bei gut 40 in Quarantäne geschickten Klassen und mindestens sieben geschlossenen Kita-Gruppen – verteilt quer durch das Kreisgebiet. Die zugrunde liegende Dynamik ist dabei brisant: Binnen sieben Tagen sind laut Landesstatistik die Fallzahlen bei den Schülern um 67, bei den Lehrern sogar um 82 Prozent angestiegen.

Hilft der neue Handlungsleitfaden der Landesbehörden? Zur Wochenmitte hat das Landesgesundheitsamt einen neuen Handlungsleitfaden an Schulen und Kitas verschickt. Es geht darin um das sogenannte Kontaktpersonenmanagement und den Umgang mit infizierten Mitgliedern von Klassen oder Gruppen. Darin werden die bisherigen Quarantäneregeln trotz der steigenden Zahlen sogar abgeschwächt. In Abstimmung mit dem Staatlichen Schulamt würden die neuen Regeln umgesetzt, heißt es dazu im Landratsamt des Rems-Murr-Kreises. Auch wenn die Gefahr bestünde, dass eine Art „Flickenteppich an Maßnahmen“ entstehen könnte, wie Landrat Richard Sigel befürchtet.

Vorgesehen ist laut Leitfaden, dass Klassen- oder Gruppenschließungen ebenso wie die gesamte Kontaktnachverfolgung wegfallen und letztlich nur noch die direkt Betroffenen in Quarantäne gehen. Die Testpflicht in betroffenen Gruppen bleibt dagegen bestehen. Die Begründung auf Landesebene gibt Minister Manfred Lucha (Grüne): „Damit schützen wir den Präsenzunterricht und gewährleisten einen geregelten Schulbetrieb.“ Möglich seien die weniger strikten Regeln nicht zuletzt angesichts der durchweg leichteren Verläufe der Erkrankungen.

Corona in der Altenpflege

Haus Elim
 Nachdem in Waiblingen bereits das Alexanderstift in Hegnach stark von Coronaansteckungen bei Bewohnern und Mitarbeitern betroffen ist, hat es nun mit dem Haus Elim in Bittenfeld eine weitere Altenpflegeeinrichtung in der Stadt schwer getroffen. Dort sind, Stand Freitag, insgesamt 30 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden – 18 Bewohner und zwölf Mitarbeiter.

Alexanderstift
 Die Infektionslage im zur Diakonie Stetten gehörenden Hegnacher Heim ist laut Pressesprecher derweil wieder stabil, die Quarantäne sei in Absprache mit den Behörden beendet worden. Beim Ausbruch in der zweiten Januarhälfte mit insgesamt 13 infizierten Bewohnern und Mitarbeitern war am 21. Januar einer der Bewohner im Zusammenhang mit der Corona-Infektion gestorben.