Erkältungs- und Coronaviren treiben die Zahl der Krankschreibungen in bislang nicht gekannte Höhen. Noch sei die Lage beherrschbar, heißt es aus dem Klinikum Stuttgart.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Die Zahl der Atemwegserkrankungen in Baden-Württemberg sowie die daraus resultierenden Krankschreibungen sind so hoch wie wohl noch nie um diese Jahreszeit. Das geht aus Daten der AOK Baden-Württemberg sowie des Robert-Koch-Instituts hervor. Mit knapp 45 000 durch Atemwegserkrankungen bedingten Krankmeldungen in Kalenderwoche 42 (16. bis 22. Oktober) sind bei der größten Krankenkasse im Südwesten erstmals mehr Atteste eingegangen als im Vorjahr – das AOK-Experten bereits als „extremes Jahr“ bezeichnet hatten.

 

„Der aktuelle Krankenstand ist ungewöhnlich hoch“, sagt Simon Dally von der AOK. „In unserem Datenarchiv findet sich kein Jahr, in dem der Krankenstand wegen Atemwegsinfekten Mitte Oktober höher war.“ Die Erkrankungswelle sei 2022 früher gekommen und etwas stärker ausgefallen. „Da wir uns allerdings aktuell noch in dieser Welle befinden und die Daten auch noch nicht vollständig sind, könnten die Zahlen in diesem Jahr die Werte aus dem Jahr 2022 noch übertreffen.“

Klinkum-Chef in Sorge

Diese Befürchtungen teilt auch Jan Steffen Jürgensen, Klinikchef des Klinikums Stuttgart: Sowohl bei den Patienten als auch beim medizinischen Personal nimmt die Zahl der Atemwegserkrankungen zu. „Die Lage ist beherrschbar, geht aber bereits über das saisonal erwartbare Maß hinaus.“ Ein stark ausgeprägte Influenzawelle in Deutschland hält Jürgensen für möglich.

Laut einer Schätzung des Robert-Koch-Instituts leidet derzeit knapp jeder Zehnte an Erkältungssymptomen. Das ist mindestens ein Drittel mehr als im Vorjahr, die Zahlen bewegten sich zudem „im oberen Wertebereich der vorpandemischen Jahre“. Derzeit zirkulieren vor allem Rhino-/Enteroviren sowie das Coronavirus SarS-CoV2. In Baden-Württemberg steigt die Zahl der gemeldeten Fälle seit Wochen konstant an. Nach Angaben des Landesgesundheitsamts ist sie etwa dreimal so hoch wie Mitte September.

Corona treibt die Zahlen nach oben

Covid-19 verursacht nur noch wenige schwere Erkrankungen, treibt aber offenbar die Gesamtzahl der Patienten mit Atemwegserkrankungen nach oben – auch und gerade im Vergleich zur vorpandemischen Zeit. Das bestätigt auch Jürgensen: So liegt im Klinikum Stuttgart die Zahl der stationären Patienten mit positivem Corona-Nachweis inzwischen im mittleren zweistelligen Bereich. „Wir sehen aber kaum Konstellationen, in denen der Infekt die führende Diagnose ist“, so Jürgensen.

Ob der Winter 2023 ähnlich starke Einschränkungen für die Menschen und die Wirtschaft bringt wie im Vorjahr, wird sich zeigen: Der Peak bei den Erkrankungen wurde 2022 im Dezember erreicht. Die aktuellen Werte reichen da aber bereits knapp heran.