Was der DFB-Pokal bedeutet, muss man Cristian Fiel nicht erklären. Der Co-Trainer des 1. FC Nürnberg hat zwar nicht wie sein Chef Dieter Hecking (2015 mit dem VfL Wolfsburg) den Pott geholt, doch der gebürtige Esslinger stand 2004 mit Alemannia Aachen immerhin im Finale, das dann 2:3 gegen Werder Bremen verloren ging. „Das war Gänsehaut pur, ein unvergessliches Erlebnis“, schwärmt der Mann mit den spanischen Wurzeln. Er ist ein Typ voller Emotionen. Und natürlich fiebert gerade er dem DFB-Pokal-Viertelfinalspiel an diesem Mittwoch (18 Uhr) gegen den VfB Stuttgart entgegen.
Ein stimmungsvolles Fußballfest wird im ausverkauften Max-Morlock-Stadion erwartet. Schließlich bekommt man die Chance auf einen Halbfinaleinzug nicht allzu oft. Ein Sieg würde nicht nur finanziell einen Schub bedeuten (3,347 Millionen Euro gibt’s an Prämie), er würde wohl auch sportlich einen Pusch verleihen. Aber Punkte für die Liga gibt’s eben auch für den Sprung unter die letzten vier nicht.
Womit wir bei einem heiklen Thema wären, das beide Kontrahenten beschäftigt. Der Pokal ist so etwas wie die Wellnessoase in tristen, sehr angespannten Zeiten. Weshalb Fiel auch um Verständnis bittet, dass er sich zu tagesaktuellen Themen nicht äußern möchte. Zwar ist die Abstiegsgefahr beim VfB als Bundesliga-Letzter um einiges akuter als beim FC Nürnberg, doch Platz 13 in Liga zwei und ein dünnes Vier-Punkte-Polster auf einen direkten Abstiegsplatz sind alles andere als ein Ruhekissen. Es geht ums nackte sportliche Überleben, aber im Umfeld des Traditionsclubs herrscht eine ganz andere, viel höhere Erwartungshaltung.
Klauß und Weinzierl mussten gehen
Da passt es ins Bild, dass schon zwei Trainer in dieser Saison verschlissen wurden. Vergangenen Oktober musste Robert Klauß gehen, sein Nachfolger Markus Weinzierl hielt sich auch nur bis Februar im Amt. Nach dem 0:5 in Heidenheim war Schluss. Sportvorstand Dieter Hecking übernahm in Doppelfunktion selbst den kniffligen Rettungseinsatz und holte sich Cristian Fiel an seine Seite. In fünf Spielen unter ihrer Regie gab es sieben Punkte. Es herrscht höchste Alarmstufe nach dem unglücklichen 0:1 am vergangenen Freitag gegen Spitzenreiter SV Darmstadt 98.
Fiel spielte unter Hecking
Der gebürtige Esslinger trainierte seit Juli 2021 die U 23 des Clubs. Er und Hecking kennen sich auch aus gemeinsamen Tagen bei Alemannia Aachen, dort spielte Fiel von 2004 bis 2006 unter dem Trainer Hecking. „Cristian Fiel bringt frische Energie mit, mit seiner enthusiastischen Art kann er ein Team mitreißen“, begründete Hecking seine Maßnahme. Der 58-Jährige deutete auch schon an, dass er Fiel perspektivisch – vielleicht schon in der neuen Saison – durchaus zutraut, auch als Cheftrainer im Profibereich erfolgreich zu arbeiten, dass er den jetzigen Zeitpunkt in einem brodelnden Umfeld aber als eher ungünstig erachtet.
Fiel hatte auch bei Dynamo Dresden vier Jahre lang sehr erfolgreich im Nachwuchs gearbeitet, ehe er 2019 acht Monate lang die erste Mannschaft trainierte. Er hatte damals in kurzer Zeit zu viel gewollt, hieß es, ab und an eine zu riskante Spielweise gewählt. Doch er hat sich weiterentwickelt, seine Lehren gezogen, bei der U 23 des FCN stimmte jedenfalls die Balance.
Debüt unter Stepanovic
Jetzt ist er wieder bei den Profis. Und das Emotionsbündel saugt die Atmosphäre auf – wie schon in Dresden oder davor in Aachen, beim VfL Bochum und bei Union Berlin. Das waren seine Stationen, nachdem er seiner Heimat im Schwabenland Ade gesagt hatte. Beim VfB Stuttgart war ihm von der F-Jugend das Fußball-Abc beigebracht worden, in der B-Jugend ging’s zum VfL Kirchheim, im ersten A-Jugend-Jahr dann zu der seinerzeit von Arno Wolf trainierten U 19 der Kickers. Am 14. April 2000 ermöglichte ihm der damalige Chefcoach Dragoslav Stepanovic dann seinen ersten Profieinsatz in der zweiten Liga. Einer seiner damaligen Mitspieler war Markus Weinzierl, den er nun gemeinsam mit Hecking als FCN-Coach ablöste. „Die Kickers“, sagt Fiel, „haben mir es ermöglicht, die Profilaufbahn einzuschlagen.“
Wie diese nun weitergeht, ist offen. Sein Trainervertrag bei der U 23 des FCN lief eigentlich bis 2025. Doch jetzt ist er Co-Trainer der Profis, fiebert wie die Club-Fans dem DFB-Pokalspiel gegen den VfB entgegen, träumt ein bisschen vom Finale in Berlin, ohne das Alltagsgeschäft aus dem Fokus zu verlieren. Am Samstag muss sein Team gegen den Karlsruher SC voll da sein. Was erst recht für den VfB und das Bundesliga-Spiel am Ostersonntag (17.30 Uhr) beim VfL Bochum zutrifft. Denn für Pokalerfolge gibt es in keiner Liga Punkte.