Der neue Landesbeauftragte für den Datenschutz, Stefan Brink, versteht seine Rolle als konstruktiven Ratgeber für Politik und Bevölkerung.

Stuttgart - Das neue Jahr war kaum fünf Tage alt, da verkündete Stefan Brink quasi mit der Posaune, dass das Land wieder einen Datenschutzbeauftragten hat: Mit Schmackes zerpflückte er die Forderung des Bundesinnenministers, die Videoüberwachung auszuweiten. Fast hätte man vergessen, dass es dieses Amt überhaupt gibt, weil es fast ein Dreivierteljahr unbesetzt blieb, nachdem Jörg Klingbeil im April in Pension gegangen war. Und so mancher auf der landespolitischen Bühne hat es wohl auch gar nicht vermisst. Doch der Neue zeigte schon in seiner ersten Arbeitswoche, dass mit ihm zu rechnen ist.

 

„Ich wollte die Fahne von Anfang an hochhalten, denn die Debatte ist nach dem Anschlag von Berlin geradezu eskaliert“, sagt Brink, der bisher Stellvertreter des Datenschutzbeauftragten in Rheinland-Pfalz war und nun die 40-köpfige Behörde in Baden-Württemberg leitet. Politiker überboten sich gegenseitig mit Vorschlägen, wie das Land sicherer werden kann. „Warum De Maizieres Rechnung nicht aufgeht“, hielt Brink per Pressemitteilung dem Ansinnen entgegen, Videoüberwachung in Sportstätten, Einkaufszentren und anderen privaten Räumen zu erlauben.

Die Schattenseite von Videos

Da kommt also einiges zu auf die grün-schwarze Koalition, die ja auch viele Anti-Terror-Pfeile im Köcher hat, mehr Videoüberwachung zählt auch dazu. Brink, ein schlanker 50-Jähriger mit grauen Schläfen, will sich zwar nicht festlegen, die Gesetzentwürfe liegen ja auch noch gar nicht vor. Grundsätzlich aber warnt er davor, dass Videoüberwachung zu einem Konformitätsdruck in der Bevölkerung führen kann – mit der Folge, dass mancher sich gar nicht mehr zu Demonstrationen traue. Dass er die Meinung des Bundesverfassungsgerichts dazu aus dem Effeff kennt, das darf man von dem Mann, der jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim 1. Senat in Karlsruhe gearbeitet hat, ohnehin erwarten.

Da ist er also wieder, der Datenschutz: abwehrbereit, ein Geist, der stets verneint. Doch genau so versteht der Neue seine Aufgabe gerade nicht. Er will vielmehr Alternativen liefern, wie politische Ziele datenschutzkonform erreicht werden können. „Wir sind nicht die besseren Sicherheitspolitiker“, sagt er. Während er nur ein bestimmtes Anliegen vertrete, müsse die Politik das gesamte gesellschaftliche Tableau im Blick haben.

Karriere als Jurist

„Konstruktiv“ ist ein Lieblingswort des redegewandten Pfälzers, der in Kaiserslautern geboren wurde. „Immer wenn wir Vorschläge machen, sind wir gut.“ Das will er auch mit Blick auf das riesige Feld des Internets verstanden wissen. Allzu oft hätten die Bürger den Eindruck, dass der Datenschutz sie bevormunde, sagt Brink. Nach dem Motto: Facebook ist böse. Oder: Vorsicht mit dem Smartphone! Dabei gehöre zur informationellen Selbstbestimmung auch, dass der Bürger sich für solche Kommunikationsmittel entscheiden könne. Oder eben dagegen. Brink: „Beides sind individuelle Entwürfe, die wir respektieren müssen.“

Anstatt immer nur zu warnen könnten die Datenschützer doch auch sagen, wie man zum Beispiel ein Geschäftsmodell im Internet datenschutzkonform umsetzt. „Dann werden wir relevant, dann können wir unsere Lebensumwelt prägen“, sagt der Jurist, der in Heidelberg studiert, an der Uni Speyer promoviert und zeitweise auch als Richter gearbeitet hat. Der Datenschutz müsse jedenfalls aufpassen, nicht in den Ruch eines Maschinenstürmers des 21. Jahrhunderts zu kommen. „Wir verstehen sehr viel von Technik“, hält Brink dem entgegen.

Zur Entscheidungsfreiheit gehört seiner Ansicht nach aber Information. Vor allem Kinder und Jugendliche müssten lernen, wie soziale Netzwerke funktionieren. Dass sie nichts geschenkt bekommen zum Beispiel, und welche Daten für Facebook interessant sind, welche nicht. Eltern und Lehrer seien da nicht immer die richtigen Ansprechpartner. Brink verfolgt auch genau, wie die Netzgemeinde auf Datenbedenken reagieren. Mädchen in einem bestimmten Alter zum Beispiel wanderten von Facebook zu WhatsApp und dann zu Snapchat, weil die ihre Daten schneller löschten. Eine gewisse Genugtuung schwingt mit, wenn Brink das erzählt. Keine Frage: Der Datenschutz im Land hat wieder eine Stimme.