Trillerpfeifenkonzert und „Hau-ab“-Rufe von Demonstranten - Ein Wahlkampfauftritt am Dienstag auf dem Stuttgarter Schillerplatz  geriet für AfD-Chef Bernd Lucke nicht zum Heimspiel. Die Bilder der Demo sehen Sie hier.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Die Alternative für Deutschland (AfD) wird im nächsten europäischen Parlament vertreten sein. Die Demoskopen sagen ihr ein weit besseres Ergebnis als bei der Bundestagswahl voraus, als sie knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Entsprechend selbstbewusst setzt Bernd Lucke die Messlatte für den eigenen Erfolg hoch an: „Wenn wir eine sechs vor dem Komma haben, ist es ein Erfolg“, sagte der AfD-Vorsitzende und Spitzenkandidat seiner Partei bei der Europawahl am Dienstagnachmittag.

 

Kurz vor einem Wahlkampfauftritt auf dem Stuttgarter Schillerplatz war Lucke zu einem Gespräch in der Redaktion der Stuttgarter Zeitung. Der AfD-Chef sieht erhöhten Bedarf, mit Journalisten zu sprechen. Er persönlich wie seine Partei fühlen sich vielfach unfair behandelt, ja verunglimpft – durch Medien wie durch politische Konkurrenten: „Wir versuchen zu überzeugen, dass wir keine Rechtspopulisten sind, sondern ernsthafte Anliegen vertreten, die vielleicht nicht dem politischen Mainstream entsprechen.“ Würde die Partei „nicht dauernd öffentlich diskreditiert“, würde sie eine noch weit höhere Zustimmung bei der Wahl bekommen.

Plakate der AfD würden abgerissen, öffentliche Reden von Kandidaten gestört. Auch auf dem Schillerplatz muss sich Lucke abends gegen ein Trillerpfeifenkonzert und „Hau-ab“-Rufe von Demonstranten behaupten. Es gibt Geschubse, kleine Rangeleien. Die Polizei erteilt drei Störern Platzverweise, erstattet gegen zwei weitere Anzeige. Lucke beklagt ein „Klima der Verunglimpfung, ein Klima der Verleumdung“.

Lucke versichert, dass seine Partei „nicht mit rechtspopulistischen Parteien im Europaparlament zusammenarbeiten wird“. Nicht mit dem Front National aus Frankreich, nicht mit den britischen Europagegnern der Ukip. Die AfD werde versuchen, sich mit anderen eurokritischen Gruppen in einer Fraktion zusammen zu schließen. Zu den Gesprächspartnern, mit denen bereits Kontakt hergestellt wurde, gehörten auch die britischen Konservativen.

Die Zustimmung zur AfD ist laut Umfragen in Baden-Württemberg deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Wie erklärt sich Lucke diesen politischen Widerhall gerade in einem Bundesland, dessen Unternehmen noch weit stärker als andere von Exporten und einem Erfolg des Euro abhängen? „Es war ja nie mein Vorschlag, dass Deutschland austreten soll, sondern dass die Krisenländer im Süden aussteigen“, antwortet Lucke. Dies liege auch im eigenen Interesse dieser Länder. Für Deutschland müsse verhindert werden, dass es zu einer weiteren Umverteilung der Schuldenlast vom Süden in den Norden Europas komme.

„Die Staatsschuldenkrise ist nicht gelöst“, sagt er. Die Krisenstaaten seien heute höher verschuldet als vor vier Jahren, ihre Wettbewerbsfähigkeit sei teilweise noch schlechter als damals, die Arbeitslosigkeit dramatisch hoch. „Wir haben nur Symptome kuriert. Aber in der nächsten Wirtschaftskrise wird das wieder aufbrechen.“

Lucke ist überzeugt, dass ein Erfolg bei der Europawahl die AfD auch erstmals in deutsche Landesparlamente tragen wird. Im Herbst wird in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt. „Ich hoffe und erwarte, dass wir in alle drei Parlamente einziehen.“ In allen Landtagen werde die AfD „konstruktiv mitarbeiten“.