Die Mitglieder des Filmclubs Waiblingen halten seit 50 Jahren die großen und kleineren Ereignisse in der Stadt in bewegten Bildern fest. Sie haben im Laufe eines halben Jahrhunderts den Umgang mit so mancher neuen Technik meistern müssen.

Waiblingen - Wer steht morgens um vier Uhr früh mit der Kamera parat, weil in Waiblingen eine Eisenbahnbrücke an ihren Platz gehoben wird? Wer schwebt mit dem Hubschrauber über die Dächer, um die schönsten bewegten Luftbilder der Heimatstadt zu bekommen? Und wer hält drauf, wenn die evangelische Kirche in Beinstein eine neue Glocke bekommt? Die Mitglieder des Filmclubs Waiblingen – und das schon seit 50 Jahren.

 

Mehr als 200 Filme haben die Clubmitglieder im Laufe der Jahre allein im Auftrag der Stadt Waiblingen gedreht – von Stadtfesten und Vereinsjubiläen, von millionenschweren Bauprojekten, spektakulären Bränden und anderen Ereignissen. Auch im kommenden Jahr werden die Vereinsfilmer alle Hände voll zu tun haben, sagt Leo Hippold, der seit 26 Jahren der Vorsitzende des Clubs ist: „Bei den Heimattagen sind wir wohl mit vier oder fünf Kameras dabei.“

Leo Hippold sitzt im neu bezogenen Clubraum in der Schorndorfer Straße, die Vergangenheit steht hinter ihm, säuberlich in einen großen weißen Schrank verpackt: Filmrollen mit bewegten Bildern aus den 1960er-Jahren, als die Filmemacher noch buchstäblich zur Schere griffen, um ihre Streifen in die gewünschte Form zu schneiden. Leo Hippold blickt vor sich auf den Schreibtisch, in die Zukunft. Dort thront ein moderner Rechner samt Monitor, der Schnittplatz, an dem die Vereinsmitglieder mittlerweile ihre mit der Digitalkamera gefilmten Bilder bearbeiten.

Von Normal 8 bis High 8 Digital

Normal 8, Super 8, Video VHS, Super VHS, High 8 Digital – die Filmclubber haben im Laufe der Jahre ihre Technik schon einige Male komplett umstellen und wieder ganz von vorne anfangen müssen. So manches Mitglied hat angesichts der Neuerungen die Regie lieber abgegeben. Derzeit habe der Filmclub 32 Mitglieder, erzählt Leo Hippold: „Wir sind geschrumpft.“ In den Anfangsjahren, den frühen Sechzigern, sei der Verein „ein elitärer Club“ gewesen. Wer sich eine Kamera leisten konnte, war einigermaßen wohlhabend. Leo Hippold erzählt von Vereinsmitgliedern, die nach Asien, China und auf die Galapagos-Inseln reisten. Die Filmabende mit bewegten Bilder ihrer Exkursionen lockten jede Menge Zuschauer an. Reisefilme waren stets ein wichtiges Thema im Club, auch heute schauen die Filmer ihre Urlaubsfilme gemeinsam an. „Und dann wird diskutiert“, sagt Leo Hippold – ob das Thema wiedergegeben wird, ob die Technik stimmt. „Meist ist man danach erstmal enttäuscht“, sagt Hippold und lacht – die Clubkritiker legen strenge Maßstäbe an.

Krimis und Komödien aus Gemeinschaftsproduktion

Von Beginn an haben die Vereinsmitglieder auch Gemeinschaftsproduktionen auf die Beine gestellt. Rund 30 Filme sind so entstanden – vom Krimi bis zur Komödie. Im Friseursalon von Walter Arnold zum Beispiel drehten die Filmer 1969 einen nicht ganz ernst gemeinten Beitrag über einen sagenhaften „Haarcomputer“, dessen Gebrauch dazu führte, dass die behandelte Dame mit einem grünen Schopf im Frisierstuhl saß. Der Film „Das Boot“ erzählt von einem Geschäftsmann, der sein Segelboot mehrfach verkauft, die Käufer gehen als Leichen über Bord. Für diese Produktion haben die Clubmitglieder sogar eine Filmkamera auf die Motorhaube eines Autos montiert. „Die Benzinpille“ von 1992 ist ein Streifen der (Nach-)Wendezeit: Ein Ossi will im Westen schnelles Geld machen und wird bei den Schwaben fündig. Sie fahren ab auf seine vermeintlich geniale Erfindung – eine Benzinpille, die man in den mit schnödem Wasser befüllten Autotank gibt – schon kann es losgehen.

Ausrichter des Bundesfilmfestivals „Fantex“

Gespannt ist Leo Hippold auf das Bundesfilmfestival „Fantex“, das der Filmclub im April zum achten Mal in Waiblingen ausrichtet. Aus ganz Deutschland reisen die Teilnehmer zu Wettbewerben in den Sparten Animations- und Trickfilme, Fantasie-, Experimental- und Stimmungsfilme sowie Videoclips an. Und, so hofft Hippold, vielleicht kommen zum Festival dieses Mal auch ein paar Einheimische mehr.