Adaptionen großer Stücke für kleine Bühnen sind heikel, zeigt Peter Kratz’ freie Klassiker-Inszenierung „Der Sturm“ beim Ludwigsburger Theatersommer.

Eine Auszeit im Paradies mag ja ganz nett sein, der gelehrte Herzog Prospero wollte nur nie weg aus Mailand. Doch dessen Bruder Antonio beanspruchte Prosperos Macht für sich und setzte den Herzog mitsamt Tochter Miranda in einer Nussschale auf hoher See aus. Jahre später herrscht Prospero als verbitterter, magiekundiger Greis über ein Eiland irgendwo im Nirgendwo und hat den Hexensohn Caliban sowie den Luftgeist Ariel unterjocht. Als eines Tages Antonio mitsamt Gattin Trincula, genannt Ulla, im Himmelsschiff Prosperos Horizont durchkreuzt, erzeugt dieser einen Sturm, um das Flugzeug zum Absturz zu bringen und sich an Antonio zu rächen.

 

Banalisierungen und schnodderige Alltagssprache

Wer William Shakespeares 1611 uraufgeführte, dunkle Romanze „Der Sturm“ kennt, merkt schnell, dass in Peter Kratz’ Adaption des Stoffes für den Ludwigsburger Theatersommer im Cluss-Garten manches anders läuft. 17 Charaktere tummeln sich in Shakespeares komplexem Drama um Liebe, Rache und Macht. Peter Kratz verdichtet das Personal auf sieben Figuren, gespielt von einem fünfköpfigen Ensemble, und greift entscheidend in die konflikt- und dialogreiche Handlung ein.

Nach dem Absturz des Flugzeuges irren Antonio (Sandro Howald) und dessen Gattin Trincula (Janina Zamani) auf der Insel herum, um Sohn Ferdinand (Howald in einer Doppelrolle) zu finden. Der entdeckt Miranda (Yasmin Münter) und verliebt sich, was Prospero (Andreas Klaue) freut, weil der nicht will, dass seine Tochter sich mit dem wilden Caliban (Lennart Naether) einlässt. Ariel (ebenfalls Janina Zamani) sorgt dazwischen für schöne Gesangseinlagen.

Peter Kratz arbeitet mit wenigen sprachlichen Versatzstücken Shakespeares, die er in einfache, teils schnodderige Alltagssprache einbettet. Während im Original die Trunkenbolde Stephano und Trinculo für Komik sorgen, setzt Kratz mit der plump albernen Figur der Trincula eine neue Figur ein, die als Kreuzung solcher Reality-TV-Promis wie Carmen Geiss und Claudia Obert in Leo-Print-Leggings und High Heels ihrem Gatten „Tooniii“ hinterher stolpert. Schön anzusehen sind Akrobatikeinlagen von Lennart Naether und Yasmin Münter. Die inhaltlich banalisierte, ermüdend tempoarme erste Hälfte und die zahlreichen Kompromisse, die Kratz besonders auch im Hinblick auf das Ende seiner sehr freien Adaption eingeht, schmälern diesen Theaterspaß jedoch. Als hätte Shakespeare das Drehbuch einer Folge der harmlos-lustigen US-Kult-Sitcom „Gilligans Insel“ verfasst.

Nächste Termine: 23. bis 29. Juni, jeweils 20 Uhr. Infos unter: www.theatersommer.net/spieltermine/der-sturm