Wenn es um die Zukunft der Mobilität geht, kommt Richard Lutz ins Schwärmen. Der Chef der Deutschen Bahn AG verweist stolz auf mehr als 50 Innovationen, an denen zahlreiche Ableger des größten Staatskonzerns im Rahmen der „Digitalisierungsoffensive“ arbeiten.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Wenn es um die Zukunft der Mobilität geht, kommt Richard Lutz ins Schwärmen. Stolz verweist der Chef der Deutschen Bahn AG auf mehr als 50 Innovationen, an denen zahlreiche Ableger des größten Staatskonzerns im Rahmen der „Digitalisierungsoffensive“ arbeiten. „Mit neuen Produkten und Services wollen wir noch mehr Menschen für die Bahn gewinnen“, gibt Lutz dass Ziel vor. Vom Mitfahrdienst bis zum Lastenrad soll die Bahn ihren Kunden nachhaltige Verkehrsmittel anbieten, um von A nach B zu kommen - und digitale Helfer sollen die besten Routen finden und den Ticketkauf erleichtern. Ein Überblick.

 

Smart City

Unter dieser Überschrift arbeitet die DB an Lösungen für nachhaltige Städte. Die Probleme sind bekannt: Immer mehr Menschen ziehen in Ballungsräume, mehr als 18 Millionen Pendler fahren täglich mehr als 50 Kilometer zur Arbeit, Autoverkehr und Umweltbelastung wachsen, mehr als 70 deutsche Städte überschreiten die Stickstoffgrenzwerte. Mit Smart City bietet die DB den Kommunen umweltschonende Konzepte an. Bahnhöfe sollen zu „Mobilitäts-Hubs“ werden, wo E-Bikes, E-Roller, Mitfahrdienste und Lasten-Bikes für die Fahrt in der Stadt bereitstehen.

Ioki

Mit dieser Marke entwickelt die DB seit einem Jahr moderne, flexible und individuelle Mobilitätslösungen, zum Beispiel nachhaltige Shuttle-Services als Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Ziel: das eigene Auto soll überflüssig werden, zumal jeder Fahrer im Schnitt jährlich allein 30 Stunden im Stau und 118 Stunden für die Parkplatzsuche verschwendet. Im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) bringt Ioki in den Stadtteilen Lurup und Osdorf seit Juli auf Zuruf Fahrgäste zur nächsten Haltestelle. Die emissionsfreien Elektroautos des britischen Herstellers LEVC mit sechs Plätzen können per App bestellt werden, die Fahrt ist im Verbundtarif enthalten. In Frankfurt/Main können DB-Mitarbeiter per App ein Fahrzeug von Ioki ordern und sich zu einem der 32 DB-Standorte in der Stadt fahren lassen, dafür sind auch fünf elektrische Tuk-Tuks sowie zwei Elektro-Kleinbusse im Einsatz.

Autonomes Fahren

In Berlin ist in Kooperation mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) ein selbstfahrender E-Kleinbus des Herstellers Easy-Mile per App individuell bestellbar und zunächst auf dem EUREF-Campus in Berlin-Schöneberg unterwegs. In Bad Birnbach testet Ioki einen autonom fahrenden Bus, der in der Provinz das ÖPNV-Angebot verbessern soll. Digitale Technik sorgt dafür, dass Fahrgäste mit ähnlichen Routen gemeinsam befördert werden. In der Logistik beteiligt sich die DB an Tests für Platooning, bei dem Lastwagen auf eigenen Autobahnspuren computergesteuert in engen Abständen fahren sollen, wahlweise angetrieben durch Strom aus Oberleitungen.

Digitaler Rufbus

Seit Mai fährt ein digitaler Rufbus im rheinland-pfälzischen Wittlich, der per App bei Bedarf buchbar und in den bestehenden öffentlichen Personennahverkehr integriert ist. Das „Wittlich Shuttle“ ergänzt die vorhandenen Verkehrsangebote, Kunden werden unabhängiger von Fahrplänen und Taktfrequenzen. Der Rufbus befördert Fahrgäste mit ähnlichen Routen zusammen innerhalb eines dichten Netzes an Haltestellen, auch per Anruf sind die Fahrten buchbar.

We Colli

Unter dieser Marke sollen Elektro-Lastenräder als umweltfreundliche Alternative zum Lastwagen etabliert werden. Lieferungen werden an Bahnhöfen gesammelt und von dort mit den E-Cargos an die Empfänger verteilt. Die Bikes können bis zu 400 Kilo laden, verringern Verkehrslärm und Schadstoffausstoß in der Stadt und werden Logistikfirmen und Versendern für die letzte Meile zum Empfänger angeboten.

Flinkster

Das DB-eigene Carsharing wird schon in mehr als 300 Städten an über 800 Mietstationen angeboten. Neben Autos gibt es auch Elektro-Roller zur Miete. Einen Smart gibt es per App tagsüber schon ab 2,30 Euro/Stunde, ein Luxusauto ab 9,50 Euro. Die Anmeldung gibt’s für Bahncard-Besitzer kostenlos.

Clevershuttle & Co.

Dieser Sammelfahrdienst soll Personen mit ähnlichen Routenwünschen verbinden. Wie beim Ortungsdienst What3words und beim Taxidienst Talixo hofft die DB, dass das Risikokapital gut investiert ist und die Unternehmen den Durchbruch schaffen. Auch an den beiden US-Start-ups Gokid und Ridecell hat sich der Konzern beteiligt. Mit Gokid können Eltern Fahrgemeinschaften für ihre Kinder organisieren. Ridecell ist eine Plattform für Anbieter von Fahrdiensten und Carsharing, über die bereits mehr als 20 Millionen Fahrten abgewickelt wurden.

Qixxit

Mit dieser App kann man die beste Verbindung suchen, um von A nach B zu kommen. Neben der Bahn werden Fernbus, Flugzeug, Mitfahrgelegenheit, Mietfahrrad, ÖPNV, Taxis und stationsunabhängiges Carsharing berücksichtigt. Der Reiseplaner mit Buchungsmöglichkeit hat sich bereits gut etabliert.

Ideenzug

Fitnessgeräte, Schlafliegen, Kinderspielplatz – hier ist Platz für Ideen. Auf der Bahnmesse Innotrans hat die DB einen Doppelstockwagen präsentiert, in dem viele Zukunftsvisionen gezeigt wurden. Im Testbetrieb soll in zwei Jahren bei der Südostbayernbahn ein solcher Wagen zwischen München und Mühldorf fahren. Innovative Fahrradaufhänger, reservierbare Panoramasessel und Sitz-Steh-Kombinationen könnten im Regionalverkehr Realität werden, andere Visionen wohl eher nicht.

DB-Navigator

Eine der erfolgreichsten Reise-Apps in Europa – und von der DB lange vernachlässigt. Inzwischen aber werden die Informations- und Buchungsmöglichkeiten stark ausgebaut. Per Handy-Ticket kann man sich als Reisender auf dem reservierten Platz im Zug einchecken und sogar selbst kontrollieren. Wer den „Comfort-Check-in“ wählt, kann vom Schaffner ungestört arbeiten oder schlafen. Drei Monate nach Einführung hat diese digitale Option schon eine Million Nutzer.

DB-Streckenagent

Die App informiert Bahnkunden bundesweit im Störfall per Push-Nachricht aufs Smartphone individuell über die aktuelle Situation und mögliche Alternativen. Als Pendler kann man Regional-Verbindungen eingeben, die der Streckenagent einmalig oder längere Zeit überwacht. Bundesweit wurde die App schon mehr als 870 000-mal heruntergeladen.

ICE-Portal

Das Entertainment-Portal bietet auf längeren Zugfahrten Abwechslung: Filme, Serien, elektronische Zeitungen und Tipps zu Sehenswürdigkeiten auf der Strecke, dazu personalisierte Reiseinformation – alles nutzbar mit dem Smartphone oder Tablet.