Der Konzern diskutiert intern und sehr strittig erneut eine Beteiligung von privaten Investoren bei ihrer Logistiktochter DB Schenker.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Bei der klammen Deutsche Bahn AG könnte bald auch die Logistiktochter DB Schenker mit ihren 76 000 Mitarbeiter zur Disposition stehen. Der Aufsichtsrat des größten Staatskonzerns hat sich nach Informationen unserer Zeitung auf seinem zweitägigen Strategie- und Krisentreffen in dieser Woche mit der strittigen Frage beschäftigt, da die Finanzprobleme und die hohe Verschuldung von inzwischen 25 Milliarden Euro einer Lösung bedürfen.

 

Unter Tagesordnungspunkt 4 wurden die 20 Aufsichtsräte demnach von DB-Chef Richard Lutz über Möglichkeiten zur Finanzierung seiner Agenda für eine bessere Bahn unterrichtet. Auf Seite 271 der Unterlagen zur Sitzung heißt es, dass die Bundesregierung dazu die Schuldengrenze anheben oder erneut Eigenkapital zuschießen könne. Dritte Möglichkeit sei der Verkauf einer Minderheitsbeteiligung an DB Schenker.

Offiziell will die DB-Spitze bisher an der Tochter festhalten. Lutz präferiert den Einstieg privater Investoren und Geldgeber, mit denen das weltweite Logistikgeschäft auch besser als bisher mit der Schiene vernetzt werden, zum Beispiel bei den Frachttransporten über die bereits erfolgreiche Landbrücke nach China.

2016 ist unter Ex-Bahn-Chef Rüdiger Grube eine Teilprivatisierung gescheitert

Eine Teilprivatisierung wird aber von Arbeitsnehmervertretern eher kritisch gesehen, weil dann private Investoren Einfluss bekämen, Dividenden verlangten und der Renditedruck noch steigen würde. Bei den Vertretern des Bundes als Eigentümer sind die Meinungen geteilt und reichen vom Komplettverkauf, der Finanzlöcher stopfen und Schulden senken könnte, bis zur Weiterführung wie bisher.

Bereits 2016 war unter Ex-Chef Rüdiger Grube und dem damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt die geplante Teilprivatisierung gescheitert, der Staat gab der DB AG stattdessen am Ende eine Finanzspritze in Milliardenhöhe. Union und SPD in der Koalition sind bis heute nicht einig über den weiteren Kurs des Konzerns.

Die weltweite Logistiksparte war vom Staatskonzern mit der damaligen Stinnes AG 2002 unter Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn für mehr als zwei Milliarden Euro erworben worden. Der Kauf bildete den Auftakt für eine umstrittene, teure und wenig rentable Expansion mit zeitweise 1000 Tochterfirmen in 140 Ländern bis hin zu Terminals in China und Singapur. Schenker ist die größte Lkw-Spedition Europas, Konkurrent der Schiene, fährt 25-Meter-Laster und im Probebetrieb vernetzte Brummis (Platooning).

Ein Teilverkauf könnte mehrere Milliarden Euro bringen

DB Schenker ist nicht übermäßig profitabel und führte nach Informationen unserer Redaktion seit 2013 insgesamt 341 Millionen Euro an den Konzern ab, im Schnitt 57 Millionen Euro pro Jahr. Auch die versprochenen Synergieeffekte mit dem Schienenverkehr blieben äußerst überschaubar, wie es in Konzernkreisen heißt. Ein Teilverkauf könnte mehrere Milliarden Euro bringen.

Handlungszwang entsteht für die Regierung wegen der Finanznot der DB AG, die zusätzliche Investitionen nicht mehr aus eigener Kraft und laufenden Einnahmen bestreiten kann. Deshalb steht bereits die zweite große Auslandstochter Arriva zum Verkauf, wo aber kaum mehr als drei Milliarden Euro Einnahmen zu erwarten sind. Alternativ wird nun der Börsengang der britischen Tochter mit ihren mehr als 50 000 Mitarbeitern geprüft.

Mit dem Komplettverkauf von Arriva und Schenker würde die DB AG sich von rund 130 000 Beschäftigten und fast der Hälfte des Umsatzes von derzeit 44 Milliarden Euro trennen und sich wieder auf das deutsche Kerngeschäft konzentrieren. Das ist auch erklärtes Ziel der neuen Konzernstrategie „Starke Schiene“. Der Bundesrechnungshof hat diese Neuausrichtung zu Jahresbeginn in seiner kritischen Bilanz zu 25 Jahren Bahnreform von der Bundesregierung explizit gefordert. Das Urteil der Prüfbehörde: Die Aktivitäten des Staatskonzerns im Ausland und in schienenfremden Geschäften seien vom Verfassungsauftrag nicht gedeckt, hätten keine positiven Effekte für die Schiene in Deutschland und überdies trage der Steuerzahler letztlich das wirtschaftliche Risiko dafür.