Im Vorfeld der Betriebsratswahlen sorgt der Umgang mit rechten Gruppierungen im Gewerkschaftsbund für Diskussionen. Der DGB versucht, den Ball flach zu halten. Er darf die Rechtspopulisten im Betrieb aber nicht unterschätzen, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Dass Rechtspopulisten nach dem Einzug in die Parlamente nun speziell große Unternehmen als neue Machtbastionen ins Auge gefasst haben, darf niemanden überraschen. In den Belegschaften findet sich seit langer Zeit ein Nährboden für extremistische Positionen. Schon nach der Bundestagswahl vor 20 Jahren hat der Gewerkschaftsbund festgestellt, dass sich rechtes Gedankengut und die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft nicht ausschließen. Es folgten Studien, die die überdurchschnittliche Zustimmung von Gewerkschaftsmitgliedern zu rechtsextremen Parteien untermauerten. Heute ist die relativ große Anziehungskraft der AfD in diesem Bereich durch Meinungsumfragen bestens ausgeleuchtet.

 

Die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse, die wachsende Zukunftsängste produziert, hat diesen Prozess seither befördert. Hinzu kamen hausgemachte Mängel wie eine mitunter übertriebene Nähe von Betriebsräten zur Unternehmensführung – das sogenannte Co-Management erweist sich immer wieder als problematisch.

Wertvolle Arbeit aller Betriebsräte überlagert

Der Gewerkschaftsbund konnte sich somit auf den Vorstoß rechter Gruppierungen bei den kommenden Betriebsratswahlen lange vorbereiten. Nun versucht er, den Ball flach zu halten, anstatt sich offensiv damit auseinanderzusetzen. Dies erscheint insoweit logisch, da es sich bei Vereinen wie dem Zentrum Automobil bei Daimler um eine Spartenbewegung handelt. Wer die offene Konfrontation mit den Rechten sucht, macht sie womöglich erst stark, wo sie bisher noch schwach sind. Sodann befürchten nicht nur Unternehmen von Weltruf eine geschäftsschädigende Wirkung solcher Debatten und drängen zur Zurückhaltung. Drittens gerät über diesen partiellen Konflikt die immer anspruchsvollere Arbeit aller Betriebsräte in Deutschland – ein großes Plus für den Standort – völlig in Vergessenheit.

Die Hetzer im Betrieb entlarven

Es ist somit ein schmaler Grat für den Gewerkschaftsbund. Doch darf er jetzt auf keinen Fall den Eindruck erwecken, er könnte die Rechtspopulisten auf die leichte Schulter nehmen. Der Kampf gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit ist zwar eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, doch haben Arbeitnehmervertreter die einzigartige Chance, mit den Sympathisanten rechter Parteien ins Gespräch zu kommen und sie mit besseren Argumenten zu überzeugen. Nicht zuletzt als zentrale Lehre aus der Geschichte dürfen Hass und Rassismus in den Betrieben keinen Platz haben. Hetzer vor Ort zu entlarven ist womöglich der bessere Weg.