Diäten gibt es wie Sand am Meer. Jedes Jahr kommen neue Variationen und Ratgeber hinzu. Nun hat die Diätindustrie den genetischen Bauplan entdeckt: Die Gene sollen den Weg zum individuellen Diätplan weisen.

Stuttgart - Die Erbanlagen müssen mittlerweile für alles herhalten: Gene bestimmen, ob wir zum Alkoholiker, verhaltensauffällig oder dick werden. Denn kaum vergeht ein Tag, an dem nicht irgendein Gen für irgendein Verhaltensmuster oder irgendeine Erkrankung gefunden wird. Und nun hat die Diätindustrie den genetischen Bauplan für sich entdeckt: Allen voran wird derzeit unter Abnehmwilligen ein neuer Ratgeber umhergereicht: „Genetic Balance – Die Diät-Revolution“, geschrieben von dem Münchner Mediziner Lutz Banasch.

 

„Die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts vor einigen Jahren hat schon manche Revolution hervorgebracht, zum Beispiel in der Archäologie“, sagt Banasch in einem Youtube-Video. Und es werde auch die Diäten revolutionieren. Denn es gebe, so argumentiert er, genetisch und esstechnisch gesehen zwei Menschentypen: Der Jäger und Sammler kann fetthaltige Nahrung gut verwerten. Dank seiner genetischen Ausstattung werden die Nahrungsfette im Darm weitgehend aufgespalten und verbrannt. Schlägt man nicht über die Stränge, hat man es leicht. Die weniger glücklichen Menschen, bei denen jedes bisschen zu viel an Genuss ansetzt, gehen auf die Nachfahren der ersten Bauern zurück. Bei Ackerbau und Viehzucht gelang es dem Körper über Jahrtausende hinweg immer besser, Kohlenhydrate in der Nahrung effektiver zu verarbeiten, um daraus Energie zu gewinnen. Wobei als Folge das Fett ungenutzt auf die Hüfte wandert. Man kann nun in dem neuen Ratgeber mit Hilfe eines Fragebogens herausfinden, zu welchem Typ man gehört. Wer er es aber genau wissen möchte, so Banasch, sollte einen Gentest machen – was aber nicht ganz billig ist. Anhand dieser Gene oder des Fragebogens gibt es dann die Diätempfehlung.

Gene sollen zum individuellen Diätplan führen

Es könnte schon sein, dass man in ferner Zukunft anhand seiner Gene den individuellen Diätplan erstellen kann. Immerhin arbeiten Forscher daran, für diverse Erkrankungen mit Hilfe des Genprofils individuelle Therapien zu entwickeln. Bislang jedoch ist viel zu wenig bekannt über die Rolle der Gene bei der Ernährung – im Zusammenspiel mit Erziehung, Umwelt, Lebensstil und Bewegung, also Faktoren, die bei einem derart komplexen Verhalten wie dem Essen sicherlich eine mindestens genauso große Rolle spielen wie das Erbgut. Hinzukommt, dass die wenigen Gene, die laut Ratgeber getestet werden sollen, noch nicht endgültig erforscht sind. Die Nutrigenetik ist ein noch junger Wissenschaftszweig, bei dem die Rolle der Gene und der Ernährung sowie des Stoffwechsels untersucht wird. Hier beschäftigen sich Wissenschaftler auch damit, warum eine Diät bei verschiedenen Menschen oft unterschiedlich wirkt. Zurzeit jedoch, so das Argument der Kritiker, steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen.

Möglicherweise wird diese Diät-Modeerscheinung ebenso wenig die Pfunde für immer purzeln lassen wie die Fett-weg-Diät, schlank durch Wunderpillen oder Abnehmen nach Atkins. Denn seit vielen Jahrzehnten ist klar: Wer sein Gewicht auf Dauer reduzieren möchte, braucht Geduld und muss rechnen können. Wer abnehmen möchte, muss weniger Kalorien essen, als der Körper verbraucht. Und das auch noch sinnvoll. Denn wer das Essen mehr oder weniger einstellen möchte, stresst seinen Körper. Dieser reagiert darauf: Bekommt der Körper zu wenig Energie, senkt er die körperliche Aktivität – man fühlt sich schlapp und müde. Der Körper fährt die Körpertemperatur herunter, um Energie zu sparen – man wird müde. Der Körper geht an die Fettreserven – das sind vor den Fettpölsterchen allerdings die Muskeln. Weniger Muskeln verbrauchen weniger Energie, der Grundumsatz sinkt, der Körper verbraucht weniger Energie und damit weniger Nahrung. So kommt es schließlich zum gefürchteten Jo-Jo-Effekt: Man nimmt zu, sobald man die Diät beendet hat und hat durch den minimierten körperlichen Grundumsatz bald mehr Fettpolster als vor der Diät.

Immer nur die Hälfte essen nervt ganz schön

Rein rechnerisch sinnvoll für das endgültige Abnehmen ist daher sicherlich das seit ewigen Zeiten empfohlene „Friss die Hälfte (FDH)“. Allerdings kann es nach einiger Zeit doch schwierig werden, die Pizza immer zu halbieren und morgens nur noch ein halbes Nutellabrötchen statt eines ganzen zu essen oder vor dem Fernseher die halbe Tüte Chips beiseitezulegen. Das hält die Psyche nicht lange durch.

Daher gilt immer noch, was Ernährungsexperten gebetsmühlenartig wiederholen: Nur wer dauerhaft seine Ernährung umstellt und sich ausreichend bewegt, hat sein Körpergewicht im Griff. Dabei geht es schlicht darum, sich mit „gesunder Mischkost“ zu ernähren: viel Gemüse, das ist gesund und füllt den Magen; sinnlose Kalorien vermeiden, wie sie sich etwa in Limonaden verbergen; das Essen beenden, wenn man sich satt fühlt; und sich viel an der frischen Luft bewegen. All das braucht Geduld, für eine endgültige Ernährungsumstellung samt Gewichtsreduktion muss man schon in Monaten rechnen. Und selbst dann ist nicht gesagt, dass sich endlich die Traumfigur einstellt. Denn nicht jeder wird zum Strich in der Landschaft, weil er sein Essen umkrempelt. Da kommen dann doch wieder die Gene ins Spiel.

Gefangen im Diäten-Dschungel

In Deutschland leiden immer mehr Menschen an Übergewicht. Und nun kurz vor der Bikini-Saison wird abgespeckt. Aber nicht jede Diät ist sinnvoll, und es wimmelt vor unseriösen Ratschlägen in diversen Frauenzeitschriften und im Internet. Ein kleine Führung durch den Diätendschungel.

Mono-Diäten Diese Diäten werden seit Jahrzehnten immer wieder angepriesen: Man darf dabei ausschließlich ein Lebensmittel essen, davon aber so viel man will. Beliebt sind Ananas, Eier oder Kohlsuppe. Bewertung Die DGE rät, davon die Finger zu lassen, da es sich um eine Mangelernährung handelt, die zudem die Heißhungerattacken fördert. Low-Carb/Atkins  Vor einigen Jahren haben Julia Roberts und Whoopi Goldberg sowie die meisten Abnehmwilligen in den USA kohlenhydratreiche Ernährung gemieden. Abnehmen durch saftige Steaks hieß das Motto. Nach der Devise des Erfinders Robert Atkins sind Eiweiß und Fett bei seiner Art des Abnehmens erlaubt, nur Kohlenhydrate muss man meiden. Das war der Beginn der Low-Carb-Diäten, die heute vor allem Männer bevorzugen. Bewertung Durch Low-Carb-Diäten nimmt man schneller ab als mit anderen Methoden. Aber diese Diätformen wirken sich negativ auf den Stoffwechsel aus, auch das Herz-Kreislauf-System muss beobachtet werden. Gemäßigte Low-Carb-Diäten sind eine Alternative, wenn gleichzeitig Vitamine gegessen werden. Die Atkins-Diät in ihrer Reinform hingegen wird von Experten als zu radikal einseitig bewertet, meinen Experten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Weight Watchers Im Prinzip zählt man hier Kalorien, die nach einem Punktesystem geordnet werden. Nach Lust und Laune kann sich der Teilnehmer seinen Speiseplan zusammenstellen. Verboten ist nichts, solange das persönliche Punktebudget nicht überschritten wird. Rechnen muss man nicht mehr, denn eine App übernimmt seit dem vergangenen Jahr die mühsame Zählerei. Bewertung Für gesunde Übergewichtige spricht nach wissenschaftlichen Studien nichts gegen diese Diät, da man sich mit gesunder Mischkost ernährt. Allerdings ist die Teilnahme an der Diät kostenpflichtig.

Formula-Diäten Eiweißshakes statt Mahlzeiten: das Essen wird ganz oder teilweise durch Fertigdrinks, Fertigriegel oder Suppen ersetzt. Die Nährstoffpulver werden mit Flüssigkeit angerührt und getrunken. Die Shakes kann man in Apotheken oder Drogerien kaufen. Bewertung Ernährungsphysiologisch gesehen sind diese Shakes in Ordnung. Allerdings ist diese Diät sehr eintönig, sie wird sehr häufig abgebrochen. Und man lernt nichts für eine dauerhafte Umstellung der Ernährung. Ich nehme ab Dieses Programm in zwölf Schritten wurde von den Experten der DGE entwickelt. Es soll helfen, sich dauerhaft eine gesunde Ernährung anzugewöhnen und ist auf mindestens drei Monate angelegt. Inhalt ist auch eine Umstellung des Lebensstils und genügend Bewegung. Bewertung Das Programm ist von Experten entwickelt und geprüft. Der Erfolg stellt sich langfristig ein.

Mittelmeer-Diät Sich jeden Tag wie am Meer fühlen und schlemmen wie Gott in Frankreich: so stellen sich viele Menschen diese Diät vor. Tatsächlich ist das Essen aus den südlichen Gefilden mit viel Obst und Gemüse, Fisch und Olivenöl ausgewogen und gesund. Und wer sich dauerhaft mediterran ernährt, tut seinem Körper viel Gutes. Bewertung Mit diesem Essen kann man sein Gewicht gut halten. Damit aber abzunehmen wird schwierig. Übergewichtige müssen zusätzlich Kalorien reduzieren und Sport treiben. Blutgruppendiät Die Blutgruppe bestimmt, was man essen soll. Demnach geben A, B oder AB vor, ob wir dick oder dünn, krank oder gesund sind, behauptet Peter d’Adamo. Nach der These des amerikanischen Arztes gibt es je nach Blutgruppe Fleischesser oder Vegetarier, andere wiederum vertragen Fisch besser. Bewertung Wissenschaftler zweifeln die dieser Diät zugrunde liegende Blutgruppentheorie an. Es gibt keine fundierten wissenschaftlichen Beweise.

Medikamente Wunderpillen sind der Renner unter den Diäten, denn es hört sich so einfach und bequem an: Medikamente dämpfen den Hunger, man verspürt ihn einfach nicht mehr. Seit vielen Jahren gibt es immer wieder neue Appetitzügler auf dem Markt, von denen die meisten recht schnell auch wieder verschwinden. Bewertung Wer sein Gewicht medizinisch regulieren möchte, muss mit teilweise schlimmen Nebenwirkungen rechnen. Denn die am Essen beteiligten Hormone und Botenstoffe, auf die diese Pillen wirken, steuern nicht nur die Nahrungsaufnahme, sondern auch viele andere Vorgänge wie etwa die Fortpflanzung.

Fatburner Sogenannte Vitalstoffe in bestimmten Lebensmitteln (etwa in Ananas) bringen das Fett in den Zellen zum Schmelzen. Diesen Substanzen wird nachgesagt, dass sie die Fettverbrennung anregen, so dass man gewissermaßen im Schlaf abnimmt. Bewertung Dieser Theorie fehlt jegliche wissenschaftliche Grundlage.