In der Alexanderstraße beginnt die Halbhöhe. Zwischen Heusteigviertel und Weißenburgpark verläuft die Straße meist schnurgerade bis zur Charlottenstraße. Dort macht sie einen Knick und führt dann hoch zum Eugensplatz. Auch 1942 war das die Route, wenn man die Alexanderstraße entlangspaziert ist. Und doch ist mittlerweile einiges anders, und zwar nicht nur am nach dem Krieg völlig neu geschaffenen und bebauten Gerda-Taro-Platz.
Die hier gezeigten Bilder sind Teil unseres Projekts „Stuttgart 1942“. Damit verwerten wir insgesamt 12 000 Straßenaufnahmen aus diesem Jahr. Systematisch wurde fast das gesamte Stadtgebiet aufgenommen, wie es vor 80 Jahren aussah – vor den Beschädigungen im Krieg oder den folgenden Jahrzehnten. Wir setzen die Bilder unter anderem zu virtuellen Spaziergängen zusammen, etwa durch die Königstraße, die Schwabstraße oder die Augustenstraße. Alle Beiträge aus dem Projekt haben wir auf der Projektseite versammelt. Dort können Sie auch den gesamten Bestand nach einzelnen Straßennamen durchsuchen.
Los geht’s im Lehenviertel
In diesem Beitrag spazieren wir einmal die Alexanderstraße hoch, vom Ende des Lehenviertels an der Immenhofer Straße bis zum Eisbistro Pinguin oben am Eugensplatz. Die Fotos haben wir in der Bildergalerie sortiert. Vor allem diesseits der Ausfallstraße Charlotten- bzw. Hohenheimer Straße handelte es sich bei der Alexanderstraße schon damals um ein ruhiges Wohngebiet, allerdings aufgelockert durch einzelne Bäckereien oder Feinkostläden. Heute ist im Erdgeschloss der nach der Jahrhundertwende erbauten, vielfach prächtig verzierten Mehrfamilienhäusern meist eine Agentur oder ein anderer Kreativberuf eingezogen.
Je näher man der Stadtbahn kam, desto niedriger und einfacher wurden die Häuser. Dieser Teil der Alexanderstraße war schon vor 1900 bebaut worden, ebenso wie der (gern mit historistischem Protz angebende) steile Abschnitt bis hoch zum Eugensplatz. Hier finden sich sechsgeschossige Bauten ebenso wie einige Villen. Deren Glanz lässt sich heute im Verkehrstrubel nur noch bedingt erahnen, obwohl viel historische Bausubstanz den Krieg überstanden hat.
Vor 80 Jahren ging es noch enger zu
1942 war die Alexanderstraße in diesem Teil noch deutlich enger, die Straßenbahn fuhr nur in einer Richtung durch. Oberhalb gab es auch noch kein Eisbistro Pinguin. Der Garten der beliebten Eisdiele wurde, so scheint es, in Teile der historischen Bebauung integriert. Doch dafür hatte der Fotograf, der im Spätsommer 1942 den in der Bildergalerie nachvollzogenen Fotospaziergang unternahm, kein Auge.
Er sollte das Stadtbild dokumentieren – und hielt dabei auch für heutige Betrachter interessante Alltagsszenen fest, etwa die von Pferden gezogene Bierkutsche an der Ecke Neue Weinsteige, alte Frauen mit Milchkanne oder zwei Mädchen, die mit einem Hund spazieren gehen.
Es sind Szenen wie aus einem Buch von Anna Katharina Hahn, auch weil sie von einer Zeit erzählen, die so nicht mehr da ist. Die Häuser aber stehen noch zum größeren Teil. Wer die Alexanderstraße heute kennt, wird sich in den Fotos wiederfinden. Wer sie nicht kennt, kann ihren schon vor 80 Jahren vorhandenen Reiz hier kennenlernen.