Die „Räuberhöhle“, eine der ältesten Gastwirtschaften in der oberschwäbischen Stadt Ravensburg ist von der Schließung bedroht – das Gebäude soll luxussaniert werden. Doch das will sich die illustre Gästeschar nicht gefallen lassen.

Ravensburg - Die ärgste Gefahr scheint gebannt. Im schlimmsten Fall nämlich wäre Ende April Schluss gewesen. Nach 152 Jahren ununterbrochenen Schankbetriebs hätte die „Räuberhöhle“ wegen Umbaus und Sanierung schließen müssen. Die beiden Wirte Armin Heilmann und Mike Gronmayer, Pächter seit 33 Jahren, hätten ihre Jobs und die Stadt Ravensburg ihre originellste Kneipe verloren. Hier, wo das Konterfei Che Guevaras in Rot am Fensterladen grüßt, trifft sich der Rest der linksalternativen Szene, aber eben auch mancher rechtschaffen-konservative Unternehmer zum Stammtisch. Auch Behinderte haben hier einen regelmäßigen Treffpunkt.

 

In dem Lokal darf so mancher sein Bier trinken, der anderswo in der Stadt längst Hausverbot hat. Jung und alt trifft sich hier, Arm und Reich, Intellektuelle und Arbeiter. Leben und leben lassen, lautet das Motto dieses Horts gelebter oberschwäbischer Toleranz. Ein gewachsener Ort in einem Gebäude, dessen Ursprünge sich bis ins Jahr 1396 zurückverfolgen lassen.

„Es gibt nur wenige Gebäude in Ravensburg, die älter sind“, erläutert Georg Scheuermann vom Bauordnungsamt, das darauf schaut, dass die Denkmalschutzbestimmungen eingehalten werden. Der Schankbetrieb besteht seit 152 Jahren und es heißt, er sei nie unterbrochen worden. 1861 hatten die Gebrüder Bucher das jahrhundertelang von der Weber- und Tuchherstellern genutzte Gebäude erworben und eine Brauerei und eine Gastwirtschaft eingerichtet.

Gebäude soll für Millionenbetrag luxussaniert werden

Wie es aussieht, dürfen deren späte Nachfahren Heilmann und Gronmayer ihren Betrieb nun weiterfahren, jedoch nur „auf Sicht“. So hat es der Eigentümervertreter Lorenz Schlechter mit ihnen ausgemacht. Schlechter ist Vorstand des Bürgerlichen Brauhauses Ravensburg-Lindau AG, einer Immobilienverwaltungsgesellschaft ehemaliger oberschwäbischer Brauereien, der das Anwesen seit 1907 gehört.

Das Gebäude soll nach dem Willen ihrer Eigentümer für einen Millionenbetrag saniert werden. Was genau aus der Liegenschaft werden soll, lässt sich Schlechter nicht entlocken. Das Vorhaben sei alles andere als einfach. „Wir haben gerade die was-weiß-ich-wievielte Variante geplant“, stöhnt er. Dass es Pläne gab, aus dem Gebäude ein Hotel und aus dem Keller eine Tiefgarage zu machen, bestätigt Schlechter. Allerdings sei das nicht mehr aktuell. Insider berichten, er habe Penthousewohnungen in dem alten Gemäuer geplant. Alles sei offen, wehrt Schlechter ab. Ob die „Räuberhöhle“ in dem von Grund auf sanierten Anwesen noch eine Zukunft hat, das bezweifeln viele Ravensburger.

Erstes „lebendiges Museum Deutschlands“ geplant

Die illustren Gäste wollten dem Untergang ihres Treffs nicht untätig zuschauen und haben den Verein „Freunde der Räuberhöhle“ gegründet, der nach Angaben seines Vorsitzenden Made Höld „schon einige hundert Mitglieder“ gewonnen hat. Höld, Druckermeister und Faktotum der linksalternativen Szene, befürchtet, dass es bald nur noch gefühlskalte Treffs aus Beton und Stahl geben wird, so wie das Café gegenüber der Räuberhöhle im neu eröffneten Kunstmuseum.

Im Sommer organisierte er ein Solidaritätsfest mit eigenem Bier zu Gunsten der „Höhle“. Sie soll jetzt „das erste lebendige Museum in Deutschland“ werden. „Die Ausstellungsstücke sind wir, die Gäste“, sagt Höld. Vitrinen mit allerlei Fundstücken will er auch aufstellen. In jedem Fall soll die „Höhle“ als Weltkulturerbe unter Schutz gestellt werden. Höld ist sicher: „So etwas wie diese Kneipe findest Du auf der Welt nicht mehr.“