Die SMS wird zwanzig Jahre alt. StZ-Autoren erzählen, was sie mit der Kurznachricht verbinden: Poesie, Politik und Beziehungskrisen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Mit „Merry Christmas“ fing alles an. Diesen Inhalt textete Neil Papworth, ein Ingenieur, für die britische Mobilfunkfirma Vodafone, an seinen gerade auf einer Weihnachtsfeier befindlichen Chef. Das war am 3. Dezember 1992. Wie die Nachricht aufgenommen wurde, ist nicht überliefert. Wie sie ihren Weg auf das Handy des Vodafone-Managers schaffte, schon: Weil es damals noch keine Handys mit Tastatur gab, musste er die Nachricht per Computer eingeben.

 

Rein technisch gelangte sie über Funkwellen auf das Mobiltelefon, dessen große Maße man sich angesichts moderner Smartphones kaum ausmalen kann. An der SMS-Technik hat sich grundlegend nichts geändert. Die SMS („Short Message Service“, zu Deutsch: Kurznachrichtendienst) ist gewissermaßen ein Abfallprodukt des in den achtziger Jahren entwickelten europäischen Mobilfunkstandards GSM. Das sich abzeichnende Mobilfunkzeitalter schrie nach einem einheitlichen Standard, damit Telefonate grenz- und anbieterübergreifend möglich wurden.

Ein Abfallprodukt

Die Groupe Spéciale Mobile wurde 1982 gegründet, wenig später wurde der Legende nach die SMS erfunden. Angeblich kam ein finnischer Ingenieur 1984 in einer Pizzeria in Kopenhagen auf die Idee, brachliegende Funkkapazitäten für die Übertragung von Texten zu nutzen. Allerdings waren die Löcher in dem Übertragungskanal ziemlich klein. Deshalb konnte jede Kurznachricht höchstens 160 Zeichen lang sein. Dabei ist es bis heute geblieben.

Das Potenzial der SMS erkannte anfangs kaum jemand. Mehr als ein Jahr vor der ersten SMS, schon 1991, wurde der erste Telefonanruf in dem nach der Arbeitsgruppe benannten neuen Mobilfunkstandard GSM statt. Der Standard ist im wahrsten Sinne global, er setzte sich weltweit durch – ein europäischer Exportschlager.

Die SMS gewann nur langsam an Bedeutung. Die Nutzer mussten sich erst an die Idee des Mobilfunks überhaupt gewöhnen – von der Möglichkeit, Kurznachrichten über das Nummernfeld einzutippen, abgesehen. Mitte der Neunziger war die SMS entsprechend wenig verbreitet – auch, weil man für die Handynutzung einen Vertrag abschließen und dafür volljährig sein musste. Als immer mehr Teenager eigene Mobiltelefone besaßen, stieg die Textnutzung jedoch beinahe exponentiell an. SMS sind seit jeher günstiger als Anrufe, und die jungen Nutzer entwickelten eine eigene Kurzsprache, um so viele Informationen wie möglich in eine Nachricht zu packen.

Sieben Trillionen SMS pro Jahr

Seit mehr als einem Jahrzehnt werden jedes Jahr mehr SMS gesendet und empfangen als im Vorjahr. Schätzungen besagen, dass 2011 mehr als sieben Trillionen SMS verschickt wurden – das sind sieben Millionen Mal eine Million Kurznachrichten. Kein Wunder: wo es Handys und ein Mobilfunknetz gibt, kann gesmst werden. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung besitzt ein Handy. Und die Mobilfunkunternehmen, denen durch die SMS kaum Kosten entstehen, verdienen prächtig daran. Auch hierzulande.

Mit dem Siegeszug des mobilen Internets werden netzbasierte Kurznachrichtendienste wie Whats App heute immer wichtiger. Dort fällt die Beschränkung auf 160 Zeichen weg. Bei Twitter, das einen ähnlichen Zulauf erlebt, sind hingegen nur 140 Zeichen erlaubt. Unabhängig von der Technik nehmen Bedeutung und Frequenz der versendeten Kurznachrichten weiter zu, vor allem bei Nutzern unter dreißig – und auch bei Angela Merkel.