Im Jahr 2015, als der Atomvertrag mit Iran unterzeichnet wurde, war die Euphorie groß. Doch die Geschäfte der Unternehmen in dem Land sind nie recht in Gang gekommen. Dennoch wollen die Europäer daran festhalten. Sie kündigen Widerstand gegen die Trump-Pläne an.

Stuttgart - Daimler kehrt schnell in den Iran zurück“ – so lautete die Schlagzeile unserer Zeitung Anfang 2016. Damals wurden mit den lokalen Partnern Iran Khodro Diesel und Mammut Group gerade Verträge unterzeichnet. Noch im ersten Quartal 2016 wollte Daimler eine Repräsentanz in Teheran eröffnen. All die Hoffnungen sind zerstoben. „Die Produktion und den Vertrieb von Mercedes-Benz Lkw haben wir nicht wieder aufgenommen“, heißt es jetzt in einer Stellungnahme. „Es gab und gibt auch keine lokale Fertigung von Mercedes-Benz Pkw im Iran.“ Und weiter: „Wir haben unsere ohnehin eingeschränkten Aktivitäten im Iran nach Maßgabe anwendbarer Sanktionen bis auf Weiteres eingestellt“, schreibt der Stuttgarter Autobauer. Daimler will die politischen Entwicklungen beobachten.

 

EU plant Abwehrgesetz

Der Stuttgarter Autobauer ist keine Ausnahme. Auch der Reinigungsgeräte-Hersteller Kärcher in Winnenden hat Konsequenzen gezogen. „Wir liefern in der Tat nicht mehr in den Iran. Das war schon vorher schwierig, weil der Geldtransfer kompliziert war, nun haben wir es eingestellt“, sagte Kärcher-Chef Hartmut Jenner, vor Kurzem im Interview. Die Zurückhaltung hiesiger Unternehmen im Iran hat nicht zuletzt mit Donald Trump zu tun. Nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen im Mai tritt an diesem Dienstag die erste Runde von US-Sanktionen gegen das Land in Kraft. Die EU dagegen will an dem Iran-Abkommen festhalten und stellt sich gegen die USA. Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind gemeinsam mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini entschlossen, europäische Wirtschaftsakteure vor möglichen Folgen der Sanktionen zu schützen, heißt es in einer Erklärung. An diesem Dienstag soll das überarbeitete Abwehrgesetz in Kraft treten; es soll europäische Unternehmen dazu bewegen, US-Sanktionen zu ignorieren. Gleichzeitig ist darin geregelt, dass betroffene Unternehmen für möglicherweise entstehende Kosten und Verluste entschädigt werden. Unternehmen, die sich nicht an das Abwehrgesetz halten, drohen EU-Strafen.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, deutsche Firmen bekämen weiter Garantien für Exporte und Investitionen. Die Bundesregierung stärke deutschen Unternehmen den Rücken und sie sei mit amerikanischen Regierungsstellen und Ministerien im Gespräch. Wirtschaftsverbände begrüßten das EU-Vorgehen, wiesen aber auf die Risiken hin. Allesamt fordern die Verbände einen funktionierenden Zahlungsverkehr. Viele europäische Banken – zuletzt Volksbanken und Sparkassen – haben sich aus Angst von der Finanzierung der Iran-Geschäfte zurückgezogen. Damit verstoßen sie gegen die EU-Regelung. In Berlin und Brüssel gibt es Aktivitäten, eine Institution zu schaffen, die die Finanzierung von Iran-Geschäften übernimmt und den US-Repressalien nicht unterliegt, ist zu hören.

Die Verbände begrüßen Entscheidung

„Der BDI unterstützt die Bundesregierung in ihrem Engagement, faire Wettbewerbsregeln für Unternehmen im Iran-Geschäft sicherzustellen“, schreibt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in einer Stellungnahme. Wichtig ist ihm insbesondere ein funktionierender Zahlungsverkehr. „Die deutsche Industrie begrüßt den deutlichen Willen der EU und der Bundesregierung, sich gegen die extraterritoriale Sanktionspolitik der USA zur Wehr zu setzen. Der Einsatz des Blockadestatuts ist ein wichtiges politisches Signal. Die möglichen Nebeneffekte müssen allerdings im Blick behalten werden, um europäischen Unternehmen nicht zu schaden“, so der BDI. Auch der Maschinenbauverband VDMA pocht auf einen funktionierenden Zahlungsverkehr. „Extraterritorial angelegte Wirtschaftssanktionen sind inakzeptabel. Deshalb muss das EU-Verbot, solche Sanktionen zu befolgen, insbesondere für den Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften nun auch praktisch umgesetzt werden“, kommentiert VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann die Entwicklung. Der VDMA fordert die Unterstützung Betroffener. „Hier sind weitere flankierende Maßnahmen erforderlich“, sagte Klaus Friedrich, Außenwirtschaftsexperte im VDMA. „Egal mit welchen Instrumenten die Bundesregierung die Geschäfte am Laufen halten will, letztlich muss immer das Unternehmen entscheiden, welches Risiko es eingehen will“, sagt dagegen Wolfgang Büchele, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses – Osteuropavereins.

Die Euphorie war 2015 bei der Unterzeichnung des Atomvertrags groß, die Geschäfte sind aber nie in Gang gekommen. Zunächst hatten sich die Südwest-Exporte in den Iran auch positiv entwickelt; doch in den ersten fünf Monaten 2018 sind sie um knapp zwölf Prozent auf 122 Millionen Euro gesunken, hat das Statistische Landesamt errechnet. Auch die Ausfuhren von Maschinen waren rückläufig – anders als im gesamten Bundesgebiet, wo bis zuletzt Zuwächse verbucht wurden. Vor allem Unternehmen, die Bau-, Nahrungsmittel- und Textilmaschinen anbieten, mussten teils hohe Einbußen hinnehmen.