Auf dem Mond ticken die Uhren schneller als auf der Erde. Das war bislang kein großes Problem, doch der Raumfahrtverkehr auf und um den Mond soll künftig zunehmen. Die USA wollen daher eine einheitliche Mondzeit festlegen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Die US-Regierung hat die Raumfahrtbehörde Nasa angewiesen, eine einheitliche Zeit für den Mond und andere Himmelskörper zu erarbeiten. Die Nasa solle bis Ende 2026 eine Strategie für die Einführung einer sogenannten Mondzeit (LTC; Coordinated Lunar Time) vorlegen, teilte das Wissenschaftsbüro des Weißen Hauses mit.

 
Eine Bar in der Kölner Altstadt ist benannt nach dem Entdecker der Relativitätstheorie Albert Einstein. Foto: Imago/Future Image

Die Zeit scheine in verschiedenen Teilen des Weltraums unterschiedlich schnell zu vergehen, abhängig etwa von der Schwerkraft und der eigenen relativen Geschwindigkeit, hieß es unter Verweis auf die Relativitätstheorie Albert Einsteins.

Für einen Beobachter auf dem Mond scheine eine erdbasierte Uhr pro Erdtag im Schnitt 58,7 Mikrosekunden – also 58,7 Millionstel einer Sekunde – langsamer zu gehen. Diese winzige Verschiebung kann wichtig sein etwa für Ortsbestimmungen und Kommunikation.

Was ist die UTC?

Bislang haben sich Mondmissionen an der koordinierten Weltzeit UTC (Coordinated Universal Time) orientiert, sich aber untereinander nicht synchronisiert. Die koordinierte Weltzeit ist die heute gültige, im Jahr 1972 eingeführte Weltzeit. Addiert man eine Stunde zur UTC, erhält man die Mitteleuropäische Zeit (MEZ), die zeitweise in Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen mitteleuropäischen Staaten gilt. Für die im Sommer geltende Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) sind zwei Stunden zu addieren.

Im Gegensatz zur Universalzeit (Universal Time, UT), die den Schwankungen der Erdrotation stetig folgt, indem die Länge der Zeiteinheit angepasst wird, folgt die UTC diesen Schwankungen mit Hilfe von Schaltsekunden, während ihr Sekundentakt jener der gleichmäßig mit SI-Sekunden durchlaufenden internationalen Atomzeit (TAI) ist.

Blick auf die genauesten Uhren der Welt in der Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig. Foto: Imago/Henning Scheffen

Einheitliche Definition der Zeit wichtig für die Raumfahrt

Bei der bisher überschaubaren Anzahl solcher Projekte war das kein größeres Problem. Allerdings planen die Nasa, Regierungen anderer Staaten sowie Privatunternehmen, in den kommenden Jahren erstmals seit 1972 wieder Menschen auf den Mond zu schicken und dort auch eine dauerhafte menschliche Präsenz einzurichten. Eine einheitliche Definition der Zeit sei „grundlegend“ für einen sicheren Betrieb etwa von Raumschiffen und Satelliten auf dem und um den Mond.

Die Weltzeit UTC basiert nach Angaben des Wissenschaftsbüros auf der Zeitmessung mehrerer Atomuhren auf der Erde. Analog dazu könne auch die Mondzeit mit Atomuhren auf dem Erdtrabanten festgelegt werden. Die Nasa sei angewiesen, sich bei der Ausarbeitung der Mondzeit mit verschiedenen US-Ministerien sowie mit internationalen Partnern abzustimmen, hieß es.

Info: Die Zeit ist relativ

Spezielle Relativitätstheorie
Im Jahr 1905 hatte der deutsche Physiker Albert Einstein (1879-1955) seine Spezielle Relativitätstheorie veröffentlicht. Sie besagt, dass sich Raum und Zeit nicht getrennt voneinander messen lassen. Einstein erkannte, dass Gleichzeitigkeit nur eine relative Eigenschaft ist, die von der Wahl des Beobachters abhängt. Zwei räumlich getrennte Ereignisse, die dem einen als gleichzeitig erscheinen, können für einen anderen nacheinander ablaufen. Nur am selben Ort ist die Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse eindeutig.

Raum und Zeit sind relativ
Die Spezielle Relativitätstheorie führt über die Vereinigung von Raum und Zeit zu einer vierdimensionalen Raumzeit. Die Zeit verlor damit ihren Status als absolute Größe. Einstein fand heraus, dass Raum und Zeit miteinander zusammenhängen. Die Zeit ist nicht irgendetwas Absolutes und für alle gleich. Wenn man sich schnell bewegt, vergeht die Zeit objektiv langsamer. Man altert auch langsamer im Vergleich zu jemanden, der sich nicht so schnell bewegt.

Ein Beispiel
Der Flug nach Alpha Centauri, dem uns mit vier Lichtjahren am nächsten gelegenen Stern. Das Licht braucht von dort vier Jahre, um zur Erde zu gelangen. Wenn die Lichtgeschwindigkeit von knapp 300 000 Kilometer pro Sekunde die größte Geschwindigkeit ist, die im Universum erreichbar ist, dann wäre man offenbar mindestens vier Jahre unterwegs. Dem ist aber nicht so. Wenn man sich nämlich mit 99,9999 Prozent der Lichtgeschwindigkeit bewegen könnte, würden auf dieser Reise nur drei Tage vergehen. Tatsächlich würde die Zeit also viel langsamer verlaufen.

Universum und Schwerkraft
In seine Allgemeine Relativitätstheorie aus dem Jahr 1916 bezog Einstein zusätzlich die Schwerkraft (Gravitation) mit ein. Diese Theorie besagt, dass die Raumzeit durch Masse verzerrt wird – ähnlich wie etwa eine Bowling-Kugel ein Trampolin einbeult. Dieser Effekt ist umso stärker, je größer die Masse ist. Das war ein Paradigmenwechsel: Denn die Aussage ist, dass die Schwerkraft eine Folge der verkrümmten Geometrie von Raum und Zeit ist. So wie ein Tennisball auf einem anderen Weg über ein Trampolin rollt, wenn es durch die Bowlingkugel eingedellt wird. Der Theorie zufolge wird durch die Verkrümmung der Raumzeit auch das Licht messbar abgelenkt, wenn sein Weg an einer großen Masse wie der Sonne vorbeiführt. Diese Vorhersage machte Einstein vier Jahre später auf einen Schlag weltberühmt.

Experimenteller Nachweis
Der Brite Sir Arthur Eddington (1882-1944) hatte 1919 zwei von der Königlichen Astronomischen Gesellschaft RAS ausgerüstete Expeditionen zur Beobachtung einer Sonnenfinsternis entsandt. Während der Sonnenfinsternis vermaßen die Expeditionen die Position von Sternen neben der verdunkelten Sonne. Tatsächlich wichen die gemessenen Positionen während der Finsternis entsprechend der Vorhersage durch Einsteins Theorie von den vorher bestimmten Werten ab. Diese erste experimentelle Bestätigung der Allgemeinen Relativitätstheorie sandte Schockwellen durch das wissenschaftliche Establishment. Heute benutzen Astronomen diesen Effekt als natürliches Teleskop. Denn große Massen im All wie eine Galaxie können das Licht dahinterliegender, weit entfernter Objekte bündeln und wie eine Lupe verstärken. Die Forscher nennen das eine Gravitationslinse.

Quantentheorie
Schwarze Löcher, Urknall, die stetige Ausdehnung des Universums– das alles lässt sich mit der Allgemeinen Relativitätstheorie erklären. Die ganze moderne Kosmologie fußt auf den Einstein-Gleichungen“, betont Nicolai. Die Allgemeine Relativitätstheorie hat sich zu einem Grundpfeiler der modernen Physik entwickelt. Es gibt heute eigentlich nur zwei grundlegende physikalische Theorien: die Quantentheorie und die Allgemeine Relativitätstheorie (mit dpa-Agenturmaterial).