Mary Njoroge muss zurück nach Kenia, obwohl sie einen Ausbildungsplatz in Markgröningen hat - und hier ein Mangel an Pflegekräften herrscht.  

Markgröningen - Mary Njoroge ist verzweifelt. Seit drei Jahren lebt die 25-jährige Kenianerin in Deutschland. Und in der Zeit lief alles rund: Nach einem Jahr als Au-pair-Mädchen absolvierte sie ein freiwilliges soziales Jahr im Behindertenheim Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) und schloss noch ein Vorpraktikum für die Ausbildung zur Altenpflegerin an. Mary Njoroge gefiel die Arbeit, und ihrem Arbeitgeber gefiel ihr Engagement. Es wurde ein Ausbildungsvertrag geschlossen. Doch die junge Frau kann die Stelle nicht antreten: Sie bekommt kein Visum mehr.

 

"Das ist so unfair", sagt Mary Njoroge. Ein Jahr lang habe sie für 450 Euro im Monat acht Stunden täglich geschafft - und jetzt das. Dabei war ihr bisheriges Visum extra für das Vorpraktikum zur Altenpflegerin ausgestellt worden. "Hätten sie mir vorher gesagt, dass ich die Ausbildung nicht antreten kann, hätte ich etwas anderes gemacht", sagt sie. Jetzt habe sie nur Zeit verschwendet.

Marc Haiber, der Betriebsratsvorsitzende des Behindertenheims, hat bei der Ausländerbehörde des Kreises nachgefragt. Ihm sei mitgeteilt worden, dass Arbeitskräften aus dem nichteuropäischen Ausland auf Weisung des Regierungspräsidiums Stuttgart (RP) nicht mehr länger als ein Jahr ein Visum ausgestellt werden könne. Dabei suche das Behindertenheim händeringend Pflegekräfte. Aus Deutschland und dem europäischen Ausland aber gebe es nicht genügend Bewerber. Seit etwa fünf Jahren kämen verstärkt Auszubildende aus Nicht-EU-Staaten, "und wir haben sehr gute Erfahrungen mit ihnen gemacht", betont Haiber. Bisher habe es auch keine Probleme bei den Visa gegeben.

Europäische bewerber bevorzugt

Der Landrat Rainer Haas kennt den Pflegekräftemangel. Deshalb habe die Ausländerbehörde des Kreises entsprechende Anfragen in den vergangenen Jahren meist positiv beschieden. "Aber im Juli oder August hat das Regierungspräsidium uns angewiesen, Nicht-EU-Bürgern keine Aufenthaltserlaubnis mehr zu gewähren", bestätigt er. Aus arbeitsmarktpolitischen Gründen bevorzuge man Arbeitskräfte aus Europa, habe die Erklärung gelautet.

Das RP dementiert dies. Es gebe keine neue Weisung, sagt der Pressesprecher Clemens Homoth-Kuhs. Tatsächlich sei der Übergang vom Aufenthaltsstatus einer Freiwilligen zu dem einer Auszubildenden in den meisten Fällen gar nicht möglich, so Homoth-Kuhs. "Das geht nur, wenn ein entsprechendes bilaterales Abkommen mit dem Heimatland besteht" - was selten der Fall sei.

"Wenn es keine neue Regelung gibt, hieße das ja, dass wir bisher rechtswidrig gehandelt haben", sagt der Landrat Haas. Homoth-Kuhs hält das für nicht so abwegig: "Die Materie ist so komplex, dass nicht an allen Orten dieselbe Rechts- und Verwaltungspraxis herrscht." Ob das in diesem Fall so sei, müsse geklärt werden - und zwar vom Innenministerium des Landes.

Innenministerium zeigt kein Interesse

Dort allerdings will man noch nichts zu der Sache sagen. Es sei dieser Tage erst die entsprechende Anfrage des Vaihinger Landtagsabgeordneten Markus Rösler (Grüne) eingegangen, sagt der Pressesprecher Andreas Schanz. Marc Haiber hatte sich an Rösler gewandt, der nun nach den Hintergründen der angeblichen Weisung fragt und sich für eine Verlängerung des Visums einsetzt. "Falls es sich so darstellt, wie mein derzeitiger Kenntnisstand ist, dann ist das ein handfester Skandal", sagt Rösler.