In der Familie der früheren Fiat-Eigner wird mit allen Mitteln gegeneinander gekämpft. Margherita Agnelli fühlt sich um einen Teil ihres Erbes betrogen. Und die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Steuerhinterziehung.

Die Agnellis waren einst die ungekrönten Könige Italiens. Mit ihren Eskapaden, Skandalen und Familientragödien, ihrem Glanz, ihrer Macht und ihrem Reichtum beherrschten die früheren Fiat-Eigner die Schlagzeilen. Vor allem der Lebemann und Playboy Gianni Agnelli („L`Avvocato“), der Fiat lange leitete, sorgte mit rauschenden Partys, Liebschaften und teuren Jachten immer wieder für Aufsehen.

 

Heute ist der Clan vielleicht sogar noch reicher als damals. Doch die meisten Familienmitglieder leben nicht mehr wie der Avvocato in Turin sondern zurückgezogen in Paris, London, den USA oder in der Schweiz.

Für Aufsehen sorgt nur der seit zwei Jahrzehnten öffentlich ausgetragene Erbschaftsstreit innerhalb der Familie. Margherita Agnelli, Tochter des Avvocato, fühlt sich um einen Teil ihres Erbes betrogen. Sie kämpft juristisch mit allen Mitteln gegen ihre drei Kinder Ginevra, Lapo und John Elkann aus der ersten Ehe mit dem französischen Schriftsteller Alain Elkann.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Turiner Staatsanwaltschaft hat im Februar bei Durchsuchungen an diversen Adressen der Familie umfangreiches Material sichergestellt und Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung aufgenommen. Sie richten sich gegen John Elkann, Chef der börsennotierten Beteiligungsholding Exor und Chairman von Ferrari und Stellantis. Ermittelt wird auch gegen den Turiner Buchhalter der Familie sowie gegen den Schweizer Testamentsvollstrecker von Marella Agnelli, der 2019 verstorbenen Frau des Avvocato sowie Mutter von Margherita und Großmutter von John, Lapo und Ginevra. Die Ermittlungen wurden inzwischen auf die beiden Letztgenannten ausgeweitet.

Margherita Agnelli ficht die Erbschaftsregelung von 2004 an. Gegen die Zahlung von 1,3 Milliarden Euro hatte sie damals auf alle weiteren Ansprüche für sich selbst, aber auch für ihre fünf Kinder aus zweiter Ehe mit dem Grafen Serge de Pahlen verzichtet. Sie glaubt, man habe ihr seinerzeit die wahren Vermögensverhältnisse verschleiert. Margherita wirft ihren Kindern aus erster Ehe und deren Beratern außerdem vor, Zahlungen in Millionenhöhe, die sie an ihre Mutter geleistet haben, nicht ordnungsgemäß deklariert zu haben. Auch hätten John, Lapo und Ginevra Italien um Erbschaftssteuern in Höhe von 734 Millionen Euro geprellt.

Margherita behauptet, ihre verstorbene Mutter habe ihren wirklichen Wohnsitz nicht, wie angegeben, in der Schweiz, sondern in Italien gehabt. Bekäme sie gerichtlich Recht, hätte das nicht nur steuerlich erhebliche Auswirkungen, sondern würde womöglich sogar den Erbschaftsvertrag von 2004 in Frage stellen. Grundsätzlich nicht in Frage gestellt ist jedoch die Kontrolle der umfangreichen Beteiligungen über diverse Holding-Strukturen vor allem durch John Elkann, der auf Wunsch des Avvocato unumstrittener Herrscher des Familienclans ist. Seine beiden Geschwister halten jedoch größere Beteiligungen.

Ist Geld auf die Virgin-Islands abgeflossen?

Die Anwälte von John, Lapo und Ginevra bezeichnen die Vorwürfe als „absolut haltlos“. Und John Elkann wirft seiner Mutter, einer Malerin, vor, Wertsteigerungen anzusetzen, die erst nach der Erbschaftsregelung eingesetzt hätten. Die Staatsanwaltschaft spricht von „Anomalien“ und Geldern, die auch nach Liechtenstein und auf die British-Virgin-Inseln geflossen seien. Wie in vielen Familien dürfte es bei dem Streit auch um gekränkte Eitelkeiten geben. Margherita klagte einmal, sie sei innerhalb der Familie eine Persona non grata und ihr Sohn John Elkann sei ihr de facto entzogen worden.

Zumindest für die nicht der Familie Elkann-Agnelli gehörenden Medien ist das ganze Thema ein gefundenes Fressen. Und auch Premierministerin Giorgia Meloni, deren Beziehungen zu der früher oft mit den Kennedys verglichenen Familie eher kalt sind, kann sich Seitenhiebe nicht verkneifen. Sie wirft den Elkanns/Agnellis beziehungsweise John Elkann vor, den früheren Fiat-Konzern an die Franzosen verscherbelt zu haben und fordert, dass auch Italiens Regierung eine Beteiligung an Stellantis erwirbt. Denn der französisch dominierte Autokonzern produziert immer weniger Fahrzeuge in Italien und baut Beschäftigung ab. Das gefällt der Regierung gar nicht.