In diesem Jahr machen die ersten Gemeinschaftsschüler in Stuttgart-Plieningen ihren Realschulabschluss. Die Zukunftspläne der Schüler sind so vielfältig wie die Lehrpläne.

Plieningen - Die beste Freundin hat eine andere Grundschulempfehlung? „Das ist hier bei uns kein Problem, man kann trotzdem auf dieselbe Schule gehen“, sagt Jasmin Eschen. Die 15-jährige ist eine der 20 Zehntklässler, die im Herbst ihre Mittlere Reife an der Gemeinschaftsschule machen. „Es ist das erste Mal, dass es einen Realschulabschluss gibt, der hier in Plieningen gemacht wird“, betont Schulleiterin Stefanie Lenuzza und blickt stolz auf ihre Schüler. Etwa die Hälfte der Neuntklässler entscheide sich für einen Hauptschulabschluss, die andere Hälfte mache weiter – von diesen 20 Schülern streben etwa zwei Drittel das Abitur an.

 

Nicht Jasmin Eschen, sie möchte eine kaufmännische Ausbildung machen: „Ordnen, Sortieren und Bürosachen kann ich einfach gut, deshalb möchte ich gerne Kauffrau für Büromanagement werden.“ Am liebsten möchte sie in einem kleineren Betrieb arbeiten, „wo jeder jeden gut kennt“ – die Branche ist ihr zunächst noch egal. Unterstützung für ihre Berufsfindung inklusive Hilfe bei der Bewerbung bekommt sie von Seiten der Schule, die verschiedene Kooperationen mit der Agentur für Arbeit eingeht. Ein sogenannter Berufseinstiegsbegleiter steht ihr auf Wunsch ab der achten Klasse für fünf Jahre zur Seite. „Das Angebot ist freiwillig, und viele Schüler nehmen das gerne in Anspruch“, erklärt die Schulleiterin.

Lernen in kleinen Gruppen

Das Besondere an der Gemeinschaftsschule ist nicht nur, dass man hier drei verschiedene Abschlüsse machen kann, man auch kann zwischen den unterschiedlichen Lernniveaus – grundlegend (G), mittel (M) und erweitert (E) – wechseln. „Man muss sich nicht festlegen und kann sogar in unterschiedlichen Fächern verschiedene Niveaus belegen“, führt Stefanie Lenuzza aus. Wer zum Beispiel gut in Geometrie ist, könne hier auf E-Niveau lernen und sich bei den linearen Gleichungen für M oder G entscheiden. Am Ende werde geschaut, in welchem Niveau man überwiegend gelernt hat.

Auch die Art und Weise des Unterrichts unterscheidet sich: Es gibt so gut wie keinen Frontalunterricht, es wird mehr in kleineren Gruppen gelernt und je nach Niveau mehr in die Tiefe gegangen. Bei der kooperativen Lernform kommt das grundlegende Prinzip der Gemeinschaftsschule zum Tragen. Jasmin Eschen erklärt es so: „Wenn verschiedene Niveaus zusammenarbeiten, dann helfen die Stärkeren den Schwächeren.“

Noten gibt es erst am Klasse 9

Für die Schüler steht ein weiterer Vorteil ganz hoch im Kurs: Bis zur achten Klasse gibt es keine Noten, sondern textliche Beurteilungen der Leistung. „Da fühlt man sich nicht ganz so schlecht, wie wenn da zum Beispiel einfach nur eine Vier steht“, sagt Jasmin. Die Bewertungen sind in verschiedene Kompetenzbereiche aufgeteilt. So können die Schüler ganz klar erkennen, woran sie noch arbeiten müssen.

Das ist auch für die Schulleiterin eine tolle Sache: „Die Note legt man einfach weg, die Texte schauen sich die Schüler immer genau an und haben somit eine bessere Kontrolle.“ Aufgrund der anstehenden Prüfungen gibt es ab der neunten Klasse allerdings richtige Noten. Für Vincent Kösling, der sein Abi an der IT-Schule in Vaihingen machen will, kein Problem: „Im Durchschnitt muss man für das Abi in den Hauptfächern eine 3,0 haben.“ Mit dieser Note können sich die Zehntklässler an den Gymnasien bewerben. Das Gute: „Wer durchgehend auf dem E-Niveau gearbeitet hat, muss gar keine Mittlere-Reife-Prüfung ablegen“, sagt die Schulleiterin.