Erstmals ist jetzt in China ein Affe geklont worden – und damit ein nächster Verwandter des Menschen. Das Verfahren ist nicht neu, doch die Schaffung genetisch identischer Primaten ist ethisch ein Problem.

Shanghai - Chinesischen Forschern ist es erstmals gelungen, Affen zu klonen. „Die technische Barriere ist durchbrochen“, sagte der Neurowissenschaftler Pu Muming, der das Programm überwacht hat. „Die gleiche Methode lässt sich auf den Menschen anwenden.“ Derzeit gebe es dazu jedoch keine Pläne und keine Veranlassung. Die zwei so entstandenen Affenbabys seien wohlauf.

 

Die beiden Javaneräffchen Zhong Zhong und Hua Hua wurden im Dezember in China geboren. Die Experimente fanden in den Labors des Institut für Neurowissenschaften der staatlichen Chinesischen Akademie für Naturwissenschaften in Shanghai statt. Das offizielle Ziel: identische Objekte für künftige Tierversuche zu schaffen. Wenn die Affen alle genetisch weitestgehend identisch sind, lassen sich individuelle Unterschiede als Grund für verschiedene Reaktionen ausschließen.

Gleichwohl haben die Forscher damit einen technischen Durchbruch geschafft, der zugleich ein Tabu bricht. Das Klonen von Rindern oder Schafen ist inzwischen bereits Routine, Firmen bieten es kommerziell an. Doch Menschenaffen und Menschen unterscheiden sich trotz aller Ähnlichkeit von diesen anderen Säugetieren. Hinzu kommen ethische Bedenken: Experimente an Affen sind in westlichen Ländern streng reguliert. Sie finden generell nur noch selten statt.

China versucht mit allen Mitteln, sich einen Vorsprung in der Biotechnik zu verschaffen

Die nächsten Verwandten der Gattung Mensch genießen hier also einen besonderen Schutz. China wiederum versucht derzeit mit allen Mitteln, sich einen Vorsprung in der Biotechnik zu verschaffen. Die Namen der beiden geklonten Affen verweisen bereits darauf, dass sie Teil einer nationalen Anstrengung sind: Zhong und Hua zusammen ergibt Zhonghua, das chinesische Wort für China. Die Universitäten des Landes haben chinesischen Forschern, die im Ausland tätig waren, gute Angebote gemacht, um sie zur Rückkehr zu locken. Die Biomedizin ist zudem einer von zehn wissenschaftlichen Bereichen, die als Zukunftstechniken besondere Förderung genießen. Im entsprechenden Fünfjahresplan sind hier erneut Ausgaben in Höhe von rund 400 Millionen Euro vorgesehen.

Für die Institute sind neueste Ausrüstung und viel Personal inzwischen selbstverständlich. Als großer Vorteil im Wettlauf um konkrete Anwendungen gilt die weitgehende Freiheit von ethischen Standards. „Die Hemmschwelle ist sehr niedrig, und kaum jemand denkt in der Aufbruchsstimmung an die Folgen“, sagt der kritische Wissenschaftler Wang Haifeng, der für die Privatfirma Shanghai South Gene Technology arbeitet. Vor allem die Forschung am Affen ist hier deutlich einfacher als in praktisch allen westlichen Ländern.

Hunderttausende von Äffchen leben in chinesischen Labors in Gefangenschaft

In den Labors des Landes befinden sich Hunderttausende von Äffchen in Gefangenschaft. Die Neuromedizin dort meldet bereits große Erfolge durch die Forschung am nächsten Verwandten des Menschen: Durch Genmanipulation haben die Wissenschaftler zum Beispiel in Makaken eine Variante von Autismus ausgelöst, um den Zusammenhang zwischen Erbinformationen und der Verhaltensvariante zu belegen.

Klonaffen wie Zhong Zhong und Hua Hua sollen ähnlichen Anwendungen dienen. Sie sind im Zuge des sogenannten reproduktiven Klonens aus der genetischen Information eines erwachsenen Affen entstanden, die die Forscher in eine präparierte Eizelle eingesetzt haben.

China sieht sich bereits als Vorreiter bei der Nutzung dieser Technik. Die Firma Boyalife in der Hafenstadt Tianjin arbeitet bereits seit zwei Jahren daran, eine „Klonfabrik“ ans Laufen zu bringen. Dort sollen jährlich Zehntausende perfekter Rinder in Massenproduktion entstehen. Boyalife brüstet sich auch, die Technik zum Klonen von Menschen im Prinzip zu beherrschen.

Die Chinesen haben wenig Probleme, die Forschung auch auf Menschen auszuweiten

In der Bevölkerung ist die Offenheit gerade gegenüber der Genomforschung vergleichsweise hoch. Die Chinesen scheinen insbesondere nur wenig Probleme mit dem Gedanken zu haben, die Forschung auch auf den Menschen auszuweiten. Diese Haltung speist sich aus einer Mischung aus Fortschrittsgläubigkeit – und der Überzeugung, dass der Mensch in der Natur nichts Besonderes, sondern nur ein Teil des Ganzen ist.

Forscher warnen jedoch vor erheblichen gesellschaftlichen Folgen. Die neuen Techniken könnten rasend schnell Verbreitung finden, wenn sie auf dem Schwarzmarkt verfügbar werden. Biowissenschaftler Wang verweist auf die bereits bestehende massenhafte Nutzung von Abtreibungen, um das Geschlecht des Babys auszuwählen. Nun beflügelt die Idee, genetische Information ins Erbgut einzuschleusen, die Fantasie. In China beherrscht ein gnadenloser Wettbewerb das Leben der Jugend. Nur wer die besten Noten hat und es damit an die beste Uni schafft, kann auf einen begehrten Elitejob hoffen.

Was, wenn begüterte Eltern ihre Kinder intelligent, schön, leistungsfähig und angepasst bestellen können? Sie würden es für ihre Pflicht halten, ihrem Nachwuchs diesen vermeintlich guten Start ins Leben nicht vorzuenthalten. Sobald der Wettlauf um die genetische Aufrüstung losgehe, werde es kein Halten mehr geben, befürchten Experten wie Wang.

Affenbabys
Die beiden geklonten Javaneraffen Zhong Zhong und Hua Hua wurden im Dezember geboren und werden derzeit mit der Flasche aufgezogen. Nach Angaben der Forscher entwickeln sich die Tiere normal.

Der Weg zum Klonaffen


Wie beim Klonschaf Dolly übertrugen die Forscher den Zellkern eines Spendertiers in eine Eizelle, die zuvor entkernt wurde. Das Team setzte den sich daraus entwickelnden Embryo einer Leihmutter ein, die den Klon austrug. Als Weiterentwicklung des Dolly-Verfahrens bereiteten die Forscher die Erbgutstränge im Zellkern auf die Übertragung in die Eizelle vor. Zudem setzten sie spezielle Hilfsstoffe für die weitere Entwicklung hinzu.

Die Chinesen trieben einen enormen Aufwand. Zunächst stellten sie knapp 200 Embryonen aus dem Erbgut erwachsener Affen her. Die 42 Leihmütter, denen die Embryonen eingesetzt wurden, brachten nur zwei Junge lebend zur Welt – die nach wenigen Studen starben. Besser klappte es bei gut 100 Embryonen, die auf dem Erbgut von Affen-Föten beruhten. Hier gab es bei 21 Leihmüttern sechs Schwangerschaften. Zwei Jungtiere – Zhong Zhong und Hua Hua- kamen lebendig zur Welt.