Wo regional drauf steht, ist auch regional drin – so verspricht es Agarminister Peter Hauk (CDU). Zumindest bei Fruchtsäften und -schorlen gibt es da verbreitet Zweifel, zeigte eine große Kontrollaktion.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Peter Hauk (CDU) war hochzufrieden mit der Bilanz des „Landeskontrollteams Lebensmittelsicherheit“. Schon im ersten Jahr, lobte der Agrarminister Anfang 2017, habe die interdisziplinär besetzte Expertengruppe, die die Überwachungsbehörden vor Ort unterstützen soll, wichtige Akzente gesetzt. Ein besonderes Augenmerk hätten die Sonderprüfer auf die Angaben zur Herkunft von Lebensmitteln gerichtet – und bei 45 Betrieben erfreulicherweise wenig zu monieren gefunden. Dank ihnen wisse man nun: „Wo ,regional‘ draufsteht, ist in aller Regel auch wirklich ,regional‘ drin.“ Gleichwohl fügte Hauk hinzu: „Wenn es schwarze Schafe gibt, dann finden wir sie auch.“

 

Nun, ein Jahr später, sieht die Bilanz schon etwas anders aus. Bei einer Schwerpunktkontrolle von Fruchtsaft- und Fruchtschorle-Herstellern hat die ministerielle Task-Force offenbar gleich reihenweise schwarze Schafe entdeckt. Fast in der Hälfte aller Fälle stieß sie auf Hinweise auf zweifelhafte oder falsche Angaben zur regionalen Herkunft. Entsprechende Informationen unserer Zeitung bestätigte das Agrarressort. Die zuständigen Überwachungsbehörden hätten darauf mit Anordnungen, Rückrufen und mehreren Strafanzeigen reagiert; teilweise liefen noch Ermittlungen. Hauks Sprecher werteten die Aktion als „großen Erfolg“ eines Kontrollprojekts, bei dem es um die „Rückverfolgbarkeit und Zuverlässigkeit der Auslobung von Lebensmitteln als regionale Lebensmittel“ gehe. Da die regionale Herkunft immer wichtiger werde, verstärke man auch die Überwachung.

Vier Staatsanwaltschaften eingeschaltet

Von Januar bis Dezember 2017 wurden laut dem Ministerium zahlreiche Fruchtsaft- und Fruchtschorlehersteller im Südwesten überprüft. An die örtlichen zuständigen Behörden habe das Landeskontrollteam bisher 15 Berichte zur weiteren Bearbeitung versandt. Sieben dieser Berichte enthielten „Hinweise auf möglicherweise unzutreffende und irreführende Angaben zur Herkunft der Rohware“; in einem weiteren Fall habe sich die Herkunft nicht klären lassen. Als Beispiel nannte das Ministerium den Fall eines Streuobstapfelsaftes; darin seien weniger als 25 Prozent von Äpfeln einer lokalen Streuobstinitiative gewesen, der Großteil habe von anderen Erzeugern aus dem Landkreis gestammt.

In vier der sieben Fälle haben die Behörden laut dem Hauk-Ressort die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Grund: der Verdacht auf „irreführende Information in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels“. In einem Fall sei bereits eine Geldauflage verhängt worden, ein weiteres Verfahren laufe noch; zwei Verfahren seien eingestellt worden. Zugleich hätten die Ämter sichergestellt, „dass missverständlich deklarierte Ware zurückgerufen“ oder, soweit möglich, korrekt umetikettiert wurde. Um welche Mengen es gehe, wisse das Ministerium nicht. Unbekannt sei ihm auch, inwieweit es sich um Bioprodukte handelte. Man habe angeordnet, dass die Herkunft künftig richtig ausgewiesen werde; die Dokumentationssysteme der Betriebe könnten damit „dauerhaft verbessert“ werden.

Firmen dürfen nicht genannt werden

Betroffen sind nach Ministeriumsangaben Betriebe aus den Regionen Bodensee, Hohenlohe, Neckar-Alb und Neckar-Odenwald. Entsprechend waren oder sind die Staatsanwaltschaften in Hechingen, Heilbronn, Konstanz und Mosbach tätig. Namen von Betrieben dürfe man nicht nennen, erläuterte eine Sprecherin, mangels „gerichtsfester Rechtsgrundlage“. Gegen die einschlägige Klausel im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, kurz LFGB, gebe es „erhebliche europarechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken“. Der Vollzug sei daher ausgesetzt, die Behörden dürften bei Beanstandungen derzeit keine Namen veröffentlichen. Beim Bundesverfassungsgericht laufe dazu ein Normenkontrollverfahren. Weitere Informationen auch zu den Säften gebe es im Jahresbericht der Lebensmittelüberwachung, der voraussichtlich im Juli vorgelegt werde.

Keinen Zusammenhang sieht das Ministerium zwischen den Beanstandungen und den Ernteausfällen durch Frost im Jahr 2017. Die meisten Fälle hätten sich davor abgespielt. Angesichts der „besonderen Erntesituation“ würden die Schwerpunktkontrollen bei Fruchtsäften aber auch im laufenden Jahr fortgeführt; weitere Aktionen würden derzeit konzipiert.

Nach Frostschäden Hilfe für Obstbauern

Erst kürzlich hatte Agrarminister Hauk erneut Hilfe für Obstbauern angekündigt, „die durch die verheerenden Spätfrostschäden vom April 2017 in ihrer Existenz bedroht sind“. Das Land stelle dafür 49,4 Millionen Euro zur Verfügung, sagte er bei den Bodensee-Obstbautagen in Friedrichshafen. Etwa 2500 Anträge seien inzwischen bearbeitet, die meisten davon aus dem Bodensee- und dem Ortenaukreis. Die Bewilligungsbescheide mit einem Beihilfesatz von 47 Prozent würden derzeit versandt, die Auszahlung erfolge Zug um Zug.