Fast sieben Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt sind im vergangenen Jahr verschwendet worden. In manchen Staaten der Union wird das Geld der Steuerzahler mit vollen Händen ausgegeben. Kontrollen fehlen bisweilen ganz.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Brüssel - Ahnungslosigkeit, Schlamperei, Abzocke und Betrug: Fast sieben Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt sind im vergangenen Jahr nicht gemäß Vorgaben ausgegeben worden, wie der Europäische Rechnungshof am Mittwoch mitteilte. Schuld ist nicht immer die EU-Kommission, oft sind es auch die Mitgliedstaaten, die eine unzulässige Verwendung von Geldern der EU-Steuerzahler ermöglichen.

 

4,7 Prozent der EU-Gesamtausgaben von 148,5 Milliarden Euro seien 2013 nicht korrekt ausgezahlt worden, teilte der Rechnungshof in seinem Jahresbericht mit. „Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen verstärkt darauf achten, wie sie die Gelder der Steuerzahler ausgeben“, erklärte Rechnungshof-Präsident Vítor Caldeira. „Wir brauchen Anreize, um die Leistung zu verbessern und eine optimale Mittelverwendung sicherzustellen.“

Probleme in den Mitgliedstaaten

Besonders hoch ist laut EU-Kontrolleuren die Fehlerquote in Bereichen, in denen sich die Kommission und die Mitgliedstaaten die Verwaltung der Mittel teilten. Das betrifft 80 Prozent der Ausgaben. Der Bericht zeige „deutlich, dass die Probleme in den Mitgliedstaaten liegen“, kritisiert der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier. „Die unzureichenden nationalen Kontrollen stehen im krassen Widerspruch zu den Aussagen der Staats- und Regierungschefs, die stets einen sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit Geldern betonen. Nur vor der eigenen Tür möchte keiner kehren.“

Fast sieben Milliarden Euro seien „keine Peanuts“, erklärte die Europaabgeordnete Inge Gräßle (CDU). „Es muss uns nachdenklich stimmen, dass es unseren Mitgliedstaaten und der Kommission auch nach 20 Jahren nicht gelingt, mit Geld regelkonform umzugehen.“ Der Bericht zeige etwa, dass bei Projekten aus dem Europäischen Sozialfonds viele Mitgliedstaaten die EU „abzockten“: „Sobald die EU zahlt, werden Mieten erhöht und wird Mitarbeitern ganz legal 500 Prozent mehr Gehalt gezahlt als den anderen nationalen Kollegen. Das ist nicht akzeptabel.“

Die EU-Bestimmungen sind oft zu komplex

Die Spannweite der Verstöße ist groß. Ob kriminelle Energie dahinter steckt, ist für die Prüfer oft schwer zu beurteilen. Im Bericht findet sich der Fall eines Bauern auf der italienischen Insel Sardinien. Der kassierte EU-Ausgleichszahlungen für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, obwohl er sie munter weiter einsetzte. Oft sind die EU-Bestimmungen aber komplex. In Deutschland kritisierten die Kontrolleure, dass beim Bau eines Flughafen-Terminals zusätzliche Arbeiten ohne Ausschreibungen an den ursprünglichen Auftragnehmer vergeben wurden – für den Teilauftrag hätte es kein EU-Geld mehr geben dürfen.

Die Staaten selbst nehmen es auch nicht immer so genau. So steht Spanien in dem Bericht am Pranger, weil es sich den Kauf von vier Hubschraubern für den Grenzschutz weitgehend von der EU finanzieren ließ. Doch tatsächlich wurden die nur etwa ein Viertel der Zeit für diesen Zweck eingesetzt.

Das Geld muss ausgegeben werden

„Ausgeben oder verlieren“ ist dagegen ein geltendes Prinzip für EU-Hilfen, das laut Rechnungshof zuweilen zu Fehlausgaben begünstigt. Denn bereitgestellte EU-Gelder müssten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verwendet werden, sonst verfallen sie. Die Behörden in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene seien damit einem „erheblichen Druck ausgesetzt“, die Ausgaben auch zu tätigen, kritisiert Rechnungshof-Chef Caldeira. Anreize, dies auch immer ergebnisbezogen zu tun, fehlten jedoch.