Eine knappe Mehrheit im Schorndorfer Gemeinderat stimmt für einen urbanen Wohnbau auf dem Areal der alten Lederfabrik Breuninger. Fast allen historischen Gebäuden steht damit der Abbruch bevor.

Schorndorf - Vom historischen Ambiente der früheren Lederfabrik Breuninger nahe des Schorndorfer Bahnhofs wird wenig bleiben. Mit 19 zu 14 Stimmen hat der Gemeinderat der Daimlerstadt am Donnerstag nach langer Debatte entschieden, dass der Investor Formart aus Essen den Zuschlag bekommt – und dort bis auf ein Gasthaus nichts erhalten bleibt. Formart plant nach eigenen Angaben, für eine Investition von 63 Millionen Euro lang gestreckte Neubauzeilen mit 176 Wohneinheiten, einer Tiefgarage und einen Vollsortiments-Supermarkt zu errichten.

 

Stadt Schorndorf schlägt ein höheres Angebot aus

Eine Ratsmehrheit folgte damit den Empfehlungen des Oberbürgermeisters Matthias Klopfer, der ein Votum für Formart favorisiert hatte – obwohl der Investor nach Informationen unserer Zeitung eine namhafte Summe weniger für das Gelände geboten hatte als sein Mitbewerber Pflugfelder aus Ludwigsburg. Doch eine solche Summe spiele auf 100 Jahre Nutzungsdauer gesehen keine große Rolle, hatte die Freie-Wähler-Stadträtin Agi Schilling argumentiert.

In der Endauswahl unterlag die Firma Pflugfelder Immobilien aus Ludwigsburg, die einige Gebäudeteile der verwinkelten Lederfabrik hatte erhalten wollen. Deren Entwürfe von mit Klinker besetzten Gebäuden waren vom Gestaltungsbeirat gelobt worden, der alle Vorgaben der Ausschreibung „kongenial umgesetzt“ sah. In vielen Gesprächen mit Bürgern habe man den Eindruck bekommen, dass viele von ihnen Substanz aus der Industriegeschichte erhalten wollten, sagte Ulrich Wünsch, der Geschäftsführer von Pflugfelder. „Lassen Sie nicht zu, dass der Abbruchbagger alles niederwalzt“, hatte Wünsch den Stadträten gegen Ende seiner Präsentation zugerufen.

So konnte der Investor die meisten Stadträte überzeugen:

Der Planer der Gewinner Formart hatten mit dem Pfund gewuchert, dass man durch den Neubau die Wärmeschutzbestimmungen besser einhalten könne und zudem ein großer Teil der Wohnungen einem Klientel zugeteilt werden könne, dass bereits seit längeren auf Wohnungssuche sei. Als Vorteil für den Entwurf wurden zudem die besseren Wege durch das Areal gelobt – wobei deren Sinn nicht erläutert wurde, denn schräg hinter dem Gelände beginnt zurzeit eine große Grünfläche.

Das Für und Wider der beiden Entwürfe ging durch alle Fraktionen, die namentlich abstimmten – zahlenmäßig die meisten Unterstützer hatte Formart jedoch bei CDU- und SPD-Stadträten. Das Quartier werde bei Formart besser entwickelt, hatte der CDU-Fraktionschef Hermann Beutel argumentiert. Dieser Entwurf könne sich wirklich in die Stadt einfügen, sagte der SPD-Stadtrat Ulrich Schmid.

Kritik: Gebäuderiegel würden „wie Schlachtschiffe“ wirken

Der Grünen-Stadtrat Wilhelm Pesch kritisierte hingegen, zwei Gebäudezeilen des Formart-Entwurfs lägen „wie Schlachtschiffe“ neben den kleinen benachbarten Häusern der Vorstadtstraße, einem alten Quartier, das nach Worten des CDU-Stadtrats Ingo Sombrutzki seit 30 Jahren benachteiligt worden sei. Den Mehrerlös für den Verkauf an Pflugfelder hätte man für Verbesserungen der nahen Bahnunterführung nutzen können, hatte Matthias Härer (CDU) in der Debatte vorgeschlagen.

Mit dem Beschluss geht das Hin und Her um die seit neun Jahren leer stehende Lederfabrik zu Ende. Bereits im Jahr 2009 hatte die Stadt versucht, das Gelände an den Investor Activ-Group vermitteln zu lassen, der jedoch einen Rückzieher machte. Vor wenigen Jahren kaufte die Stadt dann das Gelände selbst und suchte nach Investoren – ein Schritt, dem Stadträte aller Fraktionen am Donnerstag Lob zollten.