Das Seminarzentrum Zeit-Raum auf dem Röhm-Areal in Schorndorf ist bei den Kunden gefragt. Das Konzept der Existenzgründerinnen geht offenbar auf. Eva Böhme hat ein paar Tipps für andere Start-ups.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Schorndorf - Mit viel Enthusiasmus, zunächst ohne einen ausgefeilten Geschäftsplan, dafür mit einem Schuss Naivität und ausgestattet mit einem privaten Kredit sind die zwei Frauen vor gut fünf Jahren gestartet. Zeit-Raum – so haben Antonietta Schloemer und Eva Böhme ihr Seminarzentrum genannt, das in einer alten Gerberei auf dem Röhm-Areal in Schorndorf direkt an der Rems untergebracht ist. Der Name des Unternehmens ist Programm: Die beiden Freundinnen vermieten individuell eingerichtete Räume auf Zeit. An große und kleine Firmen, an andere Selbstständige und an Privatpersonen. Das Geschäft laufe ganz gut, sagt Eva Böhme an diesem Wintertag und strahlt. Sie spricht von „einer schwarzen Null“. Großartige Gewinne erzielt Zeit-Raum also noch nicht, aber das Start-up wachse stetig. Schneller als erwartet.

 

Diese Zeitung hatte die beiden Gründerinnen während ihres ersten Jahres mit einer Artikelserie begleitet. Es ist Zeit, mal wieder vorbei zu schauen, nach gut fünf Jahren. Denn fünf, das ist gewissermaßen die magische Zahl. Oliver Kettner, der Referatsleiter für Unternehmensförderung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rems-Murr, hatte den beiden Frauen kurz vor der Eröffnung von Zeit-Raum erklärt: Rund 50 Prozent aller Existenzgründer scheiterten in den ersten fünf Jahren.

Ein kreatives Umfeld

Eva Böhme ist bester Dinge, und sie geht fest davon aus, dass ihr Unternehmen weiter wächst und gedeiht. Obgleich sie kürzlich tatsächlich darüber nachgedacht hatte aufzuhören, denn die Geschäftspartnerin Antonietta Schloemer steigt Ende dieses Jahres aus privaten Gründen aus. Sie bleibe dem Unternehmen aber als stille Teilhaberin erhalten, sagt Eva Böhme. Sie selbst wolle den auf zehn Jahre abgeschlossenen Mietvertrag für die Räume auf jeden Fall erfüllen, also noch mal knapp fünf Jahre weitermachen, mindestens weitere fünf.

An diesem Vormittag sind fast alle Räume belegt. Das Erdgeschoss habe die Firma Stihl gebucht, das Obergeschoss Daimler. Bei den beiden Veranstaltungen herrscht ganz offenkundig keine klassische Seminarstimmung, es geht locker zu. Hier sitzen ein paar Männer und Frauen in einer Lounge, dort plaudern andere stehend und trinken dabei Kaffee. Eva Böhme spricht von „einem kreativen Umfeld“.

60-Stunden-Woche

Besonders gefragt sei das Erdgeschoss mit der Terrasse, die sich zum Fluss hin öffnet. Viele Privatparties und Firmenfeiern seien dort schon über die Bühne gegangen. Die Gesamtauslastung aller Räume liege bei grob geschätzt 60 bis 70 Prozent, sagt die Unternehmerin. Eva Böhme arbeitet viel, manchmal sicherlich zu viel, speziell für eine Mutter mit zwei schulpflichtigen Kindern. Sie spricht von einer 60-Stunden-Woche, das Mobiltelefon sei fast immer an. Auch deshalb habe sie zwei Ideen nicht weiter verfolgt: die Eröffnung eines Boardinghauses im Dachgeschoss, das Zimmer für Übernachtungen vermietet, und die einer zweiten Dependance in einer anderen Stadt. Demnächst will sie allerdings ein eigenes Coaching-Seminar anbieten, Arbeitstitel: „Wie bleibe ich im Alltag ruhig?“ Die Teilnehmer könnten ergründen, „warum etwas nicht läuft, wie gewünscht“.

Würde Eva Böhme den Schritt in die Selbstständigkeit wieder wagen mit den Erfahrungen, die sie inzwischen gemacht hat? Auf jeden Fall, sagt die Unternehmerin. Empfehlungen für andere Gründer? „Absolute Flexibilität“ sei nötig. Man müsse „die Dinge nehmen, wie sie kommen“ und – ganz wichtig: immer locker bleiben. Erforderlich seien ferner „ein großes Maß an Mut – und Herzblut“. Eine Chefin müsse lernen, „Dinge abzugeben“. Und wenn alles keinen Spaß mehr macht? „Aufhören!“