Die positiven Folgen der Energiewende kommen jetzt auch bei den Stromkunden an. Die Preise sinken auf breiter Front. Noch nie war das Angebot so vielfältig. Die StZ gibt einen Überblick.

Stuttgart - Eigentlich heißt es ja immer, erneuerbare Energien machten den Strom teuer. An der Strombörse zeigt sich aber, dass genau das Gegenteil der Fall ist: Seit der Anteil erneuerbarer Energie im deutschen Netz immer weiter steigt, sinken die Großhandelspreise an der Börse deutlich – nur, dass der Verbraucher davon bisher so gut wie nichts mitbekommen hat. Das liegt an der so genannten EEG-Umlage, mit der die Verbraucher die Differenz zwischen dem Börsenstrompreis und den garantierten Vergütungen für Ökostromproduzenten bezahlen muss. Diese Umlage ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Zum Jahreswechsel wird sie erstmals minimal fallen: von 6,24 auf 6,17 Cent pro Kilowattstunde. Und deshalb kommen die positiven Folgen der Energiewende nun endlich auch bei den Stromkunden an.

 

Die Strompreise sinken in diesen Wochen auf breiter Front, wenn auch oft nur leicht: Die EnBW etwa reduziert den Preis in der Grundversorgung (Komfort) um rund 1,5 Prozent. Ein Familienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden spart so knapp 18 Euro im Jahr, bei einem kleinen Haushalt mit 1500 Kilowattstunden sind es knapp sieben Euro. In unserer Tabelle haben wir die EnBW-Preise, wie sie für die Grundversorgung von Januar an gelten, angeben.

Die günstigsten Stromtarife Single (für eine größere Ansicht klicken Sie auf die Tabelle)

Die günstigsten Stromtarife Familie (für eine größere Ansicht klicken Sie auf die Tabelle)

Umweltaspekte ausgeklammert

Da andere Anbieter die Preise aber teils deutlicher senken und zudem etliche neue Wettbewerber in Stuttgart aufgetaucht sind, ist das Sparpotenzial stabil geblieben: Beim Jahresverbrauch von 1500 Kilowattstunden beträgt der Abstand der EnBW-Grundversorgung zur günstigsten Alternative Klick Energie (eine gemeinsame Tochter der Stadtwerke Neuss und der NEW Niederrhein Energie und Wasser) 108 Euro. Das entspricht dem Sparpotenzial aus dem Vorjahr. Mehr können größere Haushalte mit 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch sparen: Hier liegt der Abstand zwischen dem Tarif EnBW-Komfort und der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21) sogar bei 210 Euro (Vorjahr 188 Euro). Am 1. Januar wächst der Abstand noch einmal um knapp acht Euro, da DEW21 die niedrigere EEG-Umlage im Rahmen seiner Preispolitik weitergibt.

Die Stadtwerke Stuttgart, die Ökostrom aus Schönau liefern, liegen 30 Euro (bei 1500 Kilowattstunden) beziehungsweise 61 Euro (bei 4000 Kilowattstunden) unter den Preisen der EnBW-Grundversorgung. Aus Preiserwägungen lohnt der Wechsel nicht. Und Umweltaspekte haben wir bei dieser Betrachtung bewusst ausgeklammert. Da Ökostrom über die EEG-Umlage vergolten wird, die jeder Haushaltsstromkunde bezahlt, muss man sehr genau hinsehen, ob der einzelne Tarif tatsächlich einen Umweltmehrwert mit sich bringt. Das aber würde den Rahmen hier sprengen.

Zwei Preisstrategien

So viele Versorger wie in diesem Jahr haben sich noch nie an unserem Vergleich beteiligt. Rund 50 Unternehmen füllten die Fragebögen der Stuttgarter Zeitung aus. Plötzlich buhlen auch Große wie Vattenfall oder Eon in Schwaben um Kundschaft, zusätzlich sind etliche Stadtwerke neu mit Angeboten in der Landeshauptstadt präsent. Versorger der windigeren Art wie Meisterstrom (vor Kurzem noch unter der Marke Amado) gehen nicht in unseren Preisvergleich ein. Stromio, ebenfalls häufiger in der Kritik, hat erst gar nicht auf unsere Anfrage reagiert.

Grundsätzlich lassen sich zwei Preisstrategien beobachten: Die einen locken mit günstigen Preisen, die anderen – darunter die großen Vier Eon, Vattenfall, EnBW und RWE – mit Bonuszahlungen. In unserer Darstellung haben wir uns auf die günstigen Tarife beschränkt. Völlig anders präsentieren sich die Top Ten, berechnet man die Boni mit ein, die Versorger im oder nach dem ersten Jahr für einen Wechsel zahlen: Hier siegt beim Single-Verbrauch die NEW Niederrhein Energie und Wasser mit 332,03 Euro (inklusive 136 Euro Bonus) vor den Stadtwerken Tübingen mit 339,35 Euro (100 Euro Bonus) und der Wiesbadener ESWE mit 344,10 Euro (150 Euro Bonus). Beim großen Verbrauch von 4000 Kilowattstunden liegt Eon mit 902,00 Euro (205 Euro Bonus) vor NEW mit 923,73 Euro (211 Euro Bonus) und dem Stadtwerkeverbund Thüga mit 932,20 Euro (125 Euro Bonus). Die Thüga landet als einziger Versorger bei beiden Betrachtungsweisen unter den ersten zehn. Die Stadtwerke Tübingen rangieren bei 1500 Kilowattstunden ohne Bonusabzug immerhin auf dem elften Platz. Der günstigste Alternativtarif, den uns die EnBW zurückgemeldet hat, Privatstrom Natur Max 12, kann sich übrigens mit 501,18 (mit Bonus 391,18) Euro bei 1500 Kilowattstunden beziehungsweise 1186,68 (mit Bonus 1076,68) Euro bei 4000 Kilowattstunden nicht unter den TopTen platzieren.

Anbieter mit Boni genau prüfe

Grundsätzlich ist es nur dann sinnvoll, sich am Preis nach Abzug von Boni zu orientieren, wenn man zu einem jährlichen Anbieterwechsel willens ist. Denn ohne Berücksichtigung der Boni sind die Preise meist nicht sonderlich attraktiv. Im Sinne der Unternehmen ist dieser Rat natürlich nicht – Boni von teils mehr als 200 Euro machen sich garantiert nicht im ersten Jahr bezahlt. Zudem sollte man bei Anbietern, die auf Boni setzen, sehr genau hinsehen: Extrem günstige Angebote, auf die auch noch dreistellige Boni angerechnet werden, haben oft einen Pferdefuß. Ein beliebter Trick ist offenbar, den Bonus erst nach Abschluss der Mindestlaufzeit auszuzahlen, und bei einer Kündigung nach der Mindestlaufzeit einen Vorwand zu finden, warum der Bonus nicht ausgezahlt werden kann. Hier hilft eine Recherche im Internet. Verbraucherportale quellen über vor Erfahrungsberichten mit Stromversorgern – ob der Favorisierte zu den schwarzen Schafen gehört, zeigt sich da schnell.