Die Extremsportlerin Steffi Praher ist im Januar 2013 den kompletten Remstal-Höhenweg gerannt – nonstop rund 250 Kilometer weit. Wie geht es der zweifachen Mutter ein Jahr nach der Benefizaktion?

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Plüderhausen - Sie strahlt. Wie das blühende Leben. Vor genau einem Jahr, gegen Ende ihrer Wahnsinnsaktion, hat Steffi Praher nicht so gut ausgesehen. Damals – an ihrem 30. Geburtstag am 18. Januar 2013 – hatte die Mutter von zwei kleinen Mädchen einen kühnen Plan umgesetzt, über den viele andere Extremsportler gesagt hatten: Das Vorhaben sei fast unmöglich zu meistern, weil die Frau erst seit rund vier Jahren Ausdauersport betreibe.

 

Doch die gelernte Bürokauffrau aus Plüderhausen, die als Fitnesstrainerin im Schorndorfer Oskar-Frech-Bad arbeitet, hat ihren Plan an drei bitterkalten Wintertagen, teilweise im Tiefschnee, umgesetzt: Vor genau einem Jahr, vom 17. bis zum 19. Januar, ist Steffi Praher den kompletten Remstal-Höhenweg gerannt – und dann noch weiter bis ins Olgahospital nach Stuttgart. Die Bilanz nach den Strapazen war beeindruckend: rund 250 Kilometer mit etwa 7000 Höhenmetern gelaufen, fast 66 Stunden unterwegs gewesen und 23 255 Euro Spendengelder für die Stuttgarter Kinderklinik eingesammelt. Die letzten rund 100 Kilometer hatte sich die Blondine, die von zwei erfahrenen Extremläufern begleitet wurde, mit Schmerzen im linken Knie und einer anfliegenden Lungenentzündung ins Ziel geschleppt.

Die Ärzte erklären kopfschüttelnd: „Selber Schuld“

Wie lange hat es gedauert bis sie wieder fit war? Hat sie mit dem Lauf, der kaum zu toppen sein dürfte, das Kapitel Extremsport abgeschlossen? Wie ist es ihr ergangen in den Tagen, Wochen und Monaten nach ihrem denkwürdigen Dreißigsten?

Steffi Praher trägt eine kurze Sporthose, ein T-Shirt – und im Gesicht ihr markantes Lächeln. Sie sitzt im Foyer des Frech-Bads, macht eine kurze Arbeitspause und erzählt. Das lädierte Außenband im Knie habe ihr ein paar Wochen lang ordentlich Probleme bereitet. „Aber irgend was bleibt immer auf der Strecke.“ Die Ärzte hätten kopfschüttelnd erklärt: „Selber Schuld.“ Im Kopf sei sie aber schon nach wenigen Tagen wieder frei gewesen für neue Taten. Bereits Ende Februar hatte die Frau mit dem eisernen Willen ihr Training fortgesetzt. Seither laufe sie an sechs Tagen der Woche zwischen 20 und 25 Kilometer. Im alten Jahr, schätzt Steffi Praher, „bin ich mindestens 6000 Kilometer gerannt“. Vermutlich waren es ein paar Kilometer mehr – wenn man alle die Läufe mitrechnet, bei denen sie seit dem Frühjahr 2013 gestartet ist. Zum Beispiel den Jurasteig – 230 Kilometer, 7000 Höhenmeter. Nach 49 Stunden war sie als zweite Frau im Ziel. Bei diesem Lauf habe sie im Wald zunächst die Orientierung und dann gut zwei Stunden Zeit verloren.

Ein Rennen in den Weinbergen bei mehr als 40 Grad

Im Mai dann ein 160-Kilometer-Lauf im Harz, fünf Runden à 32 Kilometer. Im Juni der etwas eintönige Zwölf-Stunden-Lauf im Fellbacher Stadion, Steffi Praher hat 95 Kilometer geschafft. Ein 85-Kilometer-Lauf an der Mosel im Hochsommer sei wegen der fast tropischen Temperaturen besonders anstrengend gewesen. „In den Weinberger hatten wir mehr als 40 Grad.“

Aber der Körper „gewöhnt sich voll dran“, sagt die allein erziehende Mutter, die bis zu ihrer Trennung von dem Gatten nie Sport getrieben hat. Mittlerweile sei sie so gut trainiert, dass sie bereits drei Tage nach einem 200-Kilometer-Lauf schon wieder ein Rennen bestreiten könne. Im November, beim legendären „Kill“ in Hildesheim, sei sie eine Stunde schneller gewesen als im Vorjahr, sagt sie und strahlt schon wieder.

Sie kommt oft auch zu privaten Treffen gerannt

Zukunftspläne? Klar, Steffi Praher hat jede Menge Ideen. Sie will beim Millenniumquest-Cup teilnehmen – das ist eine Serie mit vier Ultraläufen. Der Rheinsteig ist einer dieser Wettkämpfe, die in die Wertung kommen. Mit 320 Kilometern ist er der angeblich längste Nonstop-Lauf Deutschlands. Zunächst stehe aber der Schneewittchen-Trail bei Hannover am 22. Februar auf den Programm: der ist „nur“ 80 Kilometer lang, es geht über rund 4000 Höhenmeter „und über sieben Berge“, sagt die Sportlerin.

Steffi Praher läuft nicht nur bei Wettkämpfen weite Strecken. Freunde stauen immer noch, wenn sie sagt, dass sie zu Fuß zu einem Treffen komme. So wie kürzlich, als sie von Plüderhausen zu einem Weihnachtsessen nach Rudersberg-Klaffenbach und mitten in der Nacht wieder zurück gerannt ist – das waren zusammen geschätzt knapp 40 Kilometer. Zu einem Hindernislauf in Heilbronn ist sie ebenfalls per Pedes „angereist“ – mit ein paar Umwegen kam sie dabei auf fast 90 Kilometer. Kaum angekommen, fiel auch schon der Startschuss für das Rennen.

Das nächste große Ziel: 700 Kilometer und 23 000 Höhenmeter

Wie denken ihre Eltern und die Kinder über das ungewöhnliche Hobby? „Meine Eltern sagen: ,Du bist bescheuert.’“ Leni, die Große, findet die Mama manchmal ein bisschen peinlich. Aber Lilli, die Kleine, läuft selber gerne. Kürzlich ist sie beim Schorndorfer Stadtlauf gestartet.

Steffi plant weit im Voraus. Sie will unbedingt irgendwann mal ganz Deutschland laufend vom äußersten Norden bis zur Zugspitze durchqueren – ohne Geld, nur das essen, was sie findet und draußen schlafen. 2015 möchte sie einen Zehnfach-Ausdauerwettkampf im Remstal veranstalten. Das nächste ganz große Ziel indes ist das Goldsteig-Ultrarace: fast 700 Kilometer lang mit 23 000 Höhenmetern – in maximal acht Tagen. Dieser völlig verrückte Wettbewerb findet im Frühherbst in Bayern statt. Keine Bedenken? Doch, klar. Bei den bisherigen Läufen habe sie aber eins gelernt: „Die Grenze ist im Kopf.“ Wenn der Kopf nicht mitmache, „dann kannst Du sogar kurze Strecken, zum Beispiel einen Marathon, vergessen“.