Landesinnenminister appelliert an den Bundesrat, das Seehofer-Gesetz zu verschärfen.

Berlin - Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat einen Tag vor der Bundesratssitzung, am heutigen Freitag, in der die Länderkammer über das Gesetz zum Familiennachzugfür Flüchtlinge debattiert, an die Bundesländer appelliert, sich für eine Verschärfung des Gesetzentwurfs von Bundesinnenminister Horst Sehhofer (CSU) einzusetzen. Strobl möchte erreichen, dass als Ausschlussgrund für den Nachzug nächster Familienangehöriger bereits das Vorliegen einer Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen oder sechs Monate Freiheitsstrafe festgelegt wird. In Seehofers Gesetzesvorlage ist vorgesehen, dass Flüchtlinge, die in Deutschland einmal zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden waren, ihre Angehörigen nicht nachholen dürfen.

 

Bundesrat kann Gesetz nicht stoppen

„Nach einer schlimmen, erheblichen Straftat darf ein Flüchtling nicht noch mit dem Recht auf Familiennachzug belohnt werden“, sagte Strobl unserer Zeitung. Für Straftäter „und sowieso für Verbrecher“ dürfe es keinen Nachzug geben. Der Ausschlussgrund im bisherigen Gesetzentwurf sei „deutlich zu hoch angesetzt“. Strobl sagte weiter: „Die Latte muss gesenkt werden, auf eine Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen oder sechs Monaten Freiheitsstrafe“. Die baden-württembergische Landesregierung hatte auf Initiative Strobls eine Stellungnahme in den Bundesrat eingebracht, der sich für eine Verschärfung ausspricht. Allerdings handelt es sich um ein Einspruchsgesetz, das letztlich von der Länderkammer nicht blockiert werden kann.

Am Donnerstag hat sich der Bundestag in erster Linie mit dem Gesetzentwurf befasst. Der Regierungsentwurf sieht vor, Mitglieder der Kernfamilie, also Ehepartner, minderjährige Kinder oder Eltern minderjähriger Kinder – den Familiennachzug ab dem 1. August 2018 aus humanitären Gründen prinzipiell wieder zu ermöglichen. Der Nachzug ist seit 2016 ausgesetzt. Nun soll er wieder erlaubt werden, aber auf ein Kontingent von 1000 Menschen pro Monat beschränkt bleiben. Es geht dabei um die Gruppe von Flüchtlingen, denen ein sogenannter „subsidiärer“ Schutzstatus zugerkannt worden ist. Das betrifft zumeist Bürgerkriegsflüchtlinge. Die deutlich größte Gruppe bilden dabei Menschen aus Syrien. Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte in der Bundestagsdebatte um einen Personenkreis von 265 000 Menschen.

Harsche Kritik vom Deutschen Kinderhilfswerk

In der Bundestagsdebatte wurde klar, dass sowohl Union als auch SPD das Gesetz geschlossen mittragen. Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth sagte, man würde zwar „gern jeder Familie helfen, zueinander zu kommen“, würde man allein „nach dem Herzen“ entscheiden. Aber die deutschen Möglichkeiten seien „endlich“. SPD-Innenexperte Burkhard Lischka nannte das Gesetz „einen Kompromiss“. Die Zahl von 1000 Menschen pro Monat sei „keine Willkür“, sondern sorge für „Planbarkeit für die Kommunen“.

Die Opposition übte heftige Kritik an dem Vorhaben. Die grüne Abgeordnete Luise Amtsberg kritisierte, das Gesetz trete „das fundamentale Anrecht darauf, mit seiner Familie in Frieden zu leben, mit Füßen“. Aus einem Grundrecht werde ein „Gnadenrecht“. Der FDP-Politiker Stephan Thomae sagte, es sei falsch, „aus der Luft gegriffene Zahlen festzulegen“. Für die Kontingentierung brauche es einen Sachgrund. Die AfD lehnte das Gesetz fundamental ab. Die Regierung habe „die Chuzpe, die Schleusen weiter zu öffnen“, sagte der AfD-Politiker Bernd Baumann.

Kritik kam vom deutschen Kinderhilfswerk. Dessen Vizepräsidentin Anne Lütkes forderte ein umfassendes Nachzugsrecht. Die geplante Begrenzung auf 1000 Personen pro Monat werde „in der Praxis sehr negative Auswirkungen für die Integration und Entwicklung von Flüchtlingskindern haben“, sagte Lütkes. „Pro-Asyl“-Geschäftsführer Günter Burkhardt nannte das Gesetz „unbarmherzig und rechtswidrig“. Die Auswahl werde „von Zufall und Willkür geprägt“ sein.