Für unseren Kolumnisten und seine Frau war das Skifahren ein zentraler Bestandteil der Kindheit und Jugend. Ihre Söhne geben nichts auf diese Familientradition. Ein Grund zum Verzweifeln? Im Gegenteil!

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Vom Jahreswechsel habe ich als Kind jahrelang wenig mitgekriegt. Ein unterbewusst wahrgenommenes Knallen, dann und wann mal ein Lichtblitz, der durch einen Traum zuckt. Mehr nicht. Das Silvesterfeuerwerk habe ich zwischen meinem achten und 14 Lebensjahr in der Regel verschlafen, weil ich am 1. Januar immer ganz früh raus musste. Zusammen mit einem älteren Bruder ging es in aller Herrgottsfrühe nach Zuffenhausen, wo sich der Reisebus der Stuttgarter Albskiläufer-Vereinigung von 1910 e.V. immer am Kelterplatz in Bewegung setzte. Für meinen Bruder und mich ging es von dort über viele Jahre hinweg für eine Woche zur SAV-Skifreizeit nach Saalbach-Hinterglemm.

 

Ob wir Lust darauf hatten? Eine gute Frage, die wir uns selbst aber nie stellten. Unsere Eltern hatten uns angemeldet und wir gingen mit. Wer wie ich als Kind jeden Winter sieben Tage von der ersten bis zur letzten Liftfahrt auf der Piste ist, entwickelt sich zwangsläufig zu einem ganz ordentlichen Skifahrer. So wie auch meine Frau, die aufs Ticket des Evangelischen Reisedienstes (ERD) Ski fuhr.

Das Klagelied von Kälte und drückenden Skistiefeln

Warum man von seinen Eltern zum Skifahren landverschickt wird, ist mir erst viele Jahre später klar geworden. Mit Kindern in den Winterurlaub zu fahren, ist anfangs nur in ganz ausgesuchten Momenten ein Spaß. Bis man sie in die Ausrüstung gezwängt hat, ist der halbe Pistentag gelaufen. Und danach beginnt das große Klagelied von Kälte, drückenden Skistiefeln und zu langen Schlangen in den Hütten. Garantiert fällt auch noch ein Stock samt Handschuh aus dem Sessellift. Und einer muss prinzipiell immer auf die Toilette, weigert sich aber standhaft das Problem in freier Wildbahn zu lösen.

Warum tut man sich das an? Hat sich mein Vater auch gefragt und ist mit seinen Söhnen erstmals in den Skiurlaub gefahren, als sie mit 15 aus dem Gröbsten raus waren und keinerlei Hilfe mehr benötigten. Als wintersportliche Selbstversorger, sozusagen. Unser älterer Sohn ist jetzt auch 15, hat aber seine Skikarriere auf eigenen Wunsch schon lange wieder beendet. Im Skischullandheim hat er sich vor drei Jahren während der letzten Abfahrt des Tages das Kreuzband gerissen und konnte in der Folge fünf Monate nicht Fußball spielen. Höchststrafe.

Skikurse werden überschätzt, denkt der jüngere Sohn

Sein kleiner Bruder zieht auch nichts mehr in den Winterurlaub. Skikursen verweigerte er sich zuvor konsequent. Hält sie für völlig unnötig. Rausgeschmissenes Geld. Zur Erklärung: Ich hatte ihn einmal in der größten Not einen halben Tag lang zwischen meinen Beinen fahren lassen. Seitdem habe ich ein massives Rückproblem. Er wiederum hält diese alpine Vater-Sohn-Kombination seitdem für die für ihn einzig akzeptable Art des Skisports.

Mittlerweile verzichten wir auf Familienurlaub im Winter. Und keiner von ist richtig traurig darüber. Auch wenn dies im Grunde das Ende einer Ski-Dynastie bedeutet. Egal, meine Frau und ich freuen uns gerade auf ein gemeinsames Skiwochenende – ohne Kinder.

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Die beiden Söhne von Peter Stolterfoht (14 und 10) hören einen Satz täglich von ihm: „Also, wenn ich mir das bei meinem Vater erlaubt hätte…, nicht auszudenken.“