Seit Donnerstag ist die schwäbisch-alemannische Fasnet eingeläutet. Doch auch 2022 müssen die Hästräger auf viel verzichten. Warum die „Fünfte Jahreszeit“ trotzdem nicht in den Sommer gehört, erklärt Panajotis Delinasakis vom Kübelesmarkt Bad Cannstatt.

Stuttgart - Corona beutelt auch die Narrenzünfte wie den Kübelesmarkt Bad Cannstatt. Echte Narren lassen sich ihre Liebe zu Tradition und Feierei jedoch nicht nehmen.

 

Herr Delinasakis, hat sich der Brunnengeist trotz der widrigen Pandemie-Bedingungen wecken lassen?

Natürlich. Er hatte zwar noch etwas verschlafene Augen, aber in kleiner Runde haben wir den Geist mit unserem Narrenruf aus dem Untergrund herauslocken können. Statt zum Jakobsbrunnen in Bad Cannstatt sind wir auf die Felder gezogen und haben den Weckruf für alle Narren online übertragen.

Gibt es in dieser Fasnetszeit überhaupt Veranstaltungen, bei denen die Narren gemeinsam feiern können?

Unsere Planungen laufen mit angezogener Handbremse, auf Großveranstaltungen müssen wir verzichten. Wie in jedem Jahr werden wir einen Narrenbaum vor das Rathaus stellen, in kleinen Gruppen Süßigkeiten auf den Straßen verteilen und mit Abstand Kinder und Schüler aus ihren Kindergärten und Schulen befreien. Auch eine Kinderrallye durch die Gassen von Bad Cannstatt wird es geben. Von Februar an können sich Familien einen Quizbogen auf unserer Website herunterladen und die Bräuche und Fasnet-Figuren auf diesem Wege kennenlernen.

Das hört sich trotzdem so an, als sei die Pandemie ein Traditionskiller.

Ein Traditionshemmer ist sie definitiv. Die Fasnet lebt vom Beisammensein. Wir wollen in die Ernsthaftigkeit des Alltags Witz und Leichtigkeit bringen und gemeinsam Schabernack treiben. Aber wir sind Narren mit Leib und Seele und lassen uns unsere Leidenschaft nicht nehmen.

Sind Online-Veranstaltungen die neue Fasnets-Realität?

Jeder Brauch kann nur durch Anpassung und Weiterentwicklung bestehen. Wir machen aus der Not eine Tugend und passen uns an die neuen Gegebenheiten an. Müssen wir noch mehrere Jahre mit den Einschränkungen leben, könnten sich jetzige Narren und besonders der Nachwuchs umorientieren; doch soweit wollen wir noch nicht denken.

Wäre es nicht sinnvoller, die Fasnet in den Sommer zu verschieben und auf niedrige Inzidenzen zu warten?

Die Fasnet kann man nicht verschieben, genauso wie Weihnachten nicht in den Sommer verlagert werden kann. An die närrischen Tage schließt die österliche Fastenzeit an. Ein letztes Mal feiern die sieben Fasnet-Figuren und die Narren in ihrem Häs auf den Straßen und machen sich mit ihren Masken unkenntlich.

Ein zweites Jahr in Folge fallen Einnahmen durch Großveranstaltungen wie dem Küblerball weg. Ist das ein Problem?

Der Kübelesmarkt Bad Cannstatt steht finanziell auf stabilem Boden. Großveranstaltungen bringen zwar Geld in die Kassen, doch gleichzeitig fallen Straßenaktionen weg, die den Verein wiederum Geld kosten. Unser Vereinsheim in Bad Cannstatt ist Eigentum, hohe laufende Kosten haben wir also nicht.

Was macht die Narrenzunft zuerst, sobald in großer Runde wieder gefeiert werden darf?

Laut Jubeln mit unserem Narrenruf! Der nächste Küblerball, der gefeiert werden darf, wird sicherlich besonders sein. Außerdem warten mittlerweile zehn 18-jährige Täuflinge darauf, ihren Taufspruch entgegenzunehmen und in unsere Narrenzunft aufgenommen zu werden. Das müssen wir nachholen.