Es klang wie das Pfeifen im Walde. Mit Schlagworten wie Aufbruch und Wende hat sich die Südwest-FDP beim Parteitag in Stuttgart Mut gemacht. Doch: Reicht das aus?  

Stuttgart - Mit Sacharbeit und Angriffslust will die Südwest-FDP im neuen Jahr Personalquerelen und Umfragetiefstwerte hinter sich lassen. „2012 muss die Wende bringen“, forderte FDP-Landeschefin Birgit Homburger am Donnerstag vor 400 Delegierten in Stuttgart. „Schluss mit der Beißhemmung“, sagte sie und ging hart mit der Wirtschafts-, Finanz- und Bildungspolitik von Grün-Rot ins Gericht. Zugleich verlangten sie und mehrere Redner, dass sich die Liberalen stärker von der Union abgrenzen.

 

Zwar habe die FDP Mitglieder verloren, unter den verbliebenen wachse aber die Bereitschaft, sich zu engagieren, versicherte Homburger den Delegierten. Im Südwesten kehrten im vergangenen Jahr gut 8 Prozent der Mitglieder der Partei den Rücken - das ist mehr als der Schwund im Bund von 7,5 Prozent. Im Landtag sitzt die FDP nach der Landtagswahl vom März 2011 nur noch mit sieben Abgeordneten.

Um dem Mitgliederschwund entgegenzuwirken hatte eine Strukturkommission Vorschläge zu mehr Mitgliederbeteiligung ausgearbeitet. Das Gremium mit mehr als 100 Mitgliedern scheiterte aber mit wichtigen Anträgen, weil bei den Abstimmungen über diese die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt wurde.

Mitgliederbefragung

Nicht durchsetzen konnten sich die Parteireformer mit einer Mitgliederbefragung über die Landesspitze und einem vereinfachten Rederecht der Mitglieder auf Landesparteitagen. Auch der sogenannte Bürgerantrag, mit dem Nicht-Mitglieder neue Impulse in die Diskussion der Partei hätten bringen können, kam nicht durch.

Eine Mehrheit von 150 Delegierten wandte sich nach einer hitzigen Debatte zudem gegen die Einführung von Lohnuntergrenzen. 136 Mitglieder stimmten für den Vorschlag, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, acht enthielten sich. Die Kritiker des Antrags befürchten Arbeitsplatzverluste und die Einführung eines undifferenzierten flächendeckenden Mindestlohns.

In einer kämpferischen Rede rief FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle die Liberalen auf, mit Klartext wieder Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Nach dem Krisenjahr 2011 müsse sich die FDP auf ihre Grundprinzipien besinnen: „Es kann eigentlich nur besser werden. Unsere Aufgabe ist nicht der tägliche Beifall, sondern das Richtige zu tun“, so Brüderle. Er erntete minutenlangen Beifall.

Zu schnelle Kompromisse

Die Jungen Liberalen kritisierten, in der Vergangenheit seien zu schnell Kompromisse mit der Union geschlossen worden. Der frühere FDP-Landeschef Walter Döring nannte Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) für seinen Meinungsumschwung bei der Rente mit 67 einen „erbärmlichen Populisten“.

Homburger griff Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an: Er habe sich mit dem Helikopter zu einem Ministerpräsidenten-Treffen in Norddeutschland fliegen und seinen Dienstwagen nachkommen lassen. Das zeige die „doppelbödige Moral“ des Grünen-Politikers. Auch wenn er in der Bevölkerung gut ankomme, dürfe er nicht geschont werden.

"Sieben Todsünden"

Baden-Württembergs FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf der Landesregierung „sieben Todsünden“ vor - darunter der Personalaufbau in den Ministerien, schwarze Kassen und die Untätigkeit beim ungerechten Länderfinanzausgleich. Strukturelle Defizite im Haushalt entstünden durch die Abschaffung der Studiengebühren und den Verzicht auf das Aufstocken des Pensionsfonds. Trotz Steuermehreinnahmen von über drei Milliarden Euro im Vergleich zu 2008 lege Grün-Rot gerade einmal einen ausgeglichenen Haushalt vor. Vom Abbauen der Altschulden sei gar keine Rede. „Das ist alles andere als nachhaltig.“

Der Landesparteitag findet traditionell am Tag vor dem Dreikönigstreffen der Bundespartei statt. Am Freitag will Parteichef Rösler versuchen, der FDP einen Weg aus der Krise aufzuzeigen. Im neuen Wahltrend von „Stern“ und RTL kommt die Partei gerade einmal auf drei Prozent.