Im neuen Krimi von Autor Klaus Wanninger wachsen im Jahr 2035 Orangen und Oliven auf dem Kappelberg in Fellbach. Wie realistisch ist das? Und was sagen hiesige Wengerter dazu?

Eigentlich ist Klaus Wanninger ein Krimi-Autor, der sich auf Fakten und die Realität konzentriert. Die Schauplätze sind reale Orte im Ländle, und die Ermittlungen seiner Kommissare Steffen Braig und Katrin Neundorf könnten fast genau so auch echte Kommissare durchführen.

 

In seinem aktuellen Band weicht er von diesem Pfad ab. Der Titel deutet schon an, dass es diesmal auf eine besondere Reise geht: „Schwaben-Zukunft“. Der Krimi spielt immer noch im Ländle, mit dem Fokus auf Stuttgart, es ermittelt Braigs Tochter Ann-Sophie Braig – aber im Jahr 2073.

Die Zukunft ist stark gezeichnet vom Klimawandel

Wie sieht das zukünftige Stuttgart aus? Bei Wanninger vor allem stark gezeichnet vom Klimawandel. Sintflutartiger Dauerregen führt zu verheerenden Hangrutschen – beinahe Stoff für Starregisseur Roland Emmerich, der ja auch gebürtiger Schwabe ist.

Auch Fellbach, die Stadt am Fuße des Kappelbergs, wird beschrieben. Doch eben jener Hausberg erfährt eine gravierende Veränderung. „So etwa ab 2035 waren die Traubenhänge im Verlauf der zunehmenden Klimaveränderung Orangen- und Olivenhainen gewichen“, schreibt Wanninger. „Die noch in den Zwanzigerjahren mit vielen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichneten Fellbacher Winzer hatten ihre Rebsorten zwar im Verlauf der Zeit gegen hitzebeständigere Sorten ausgetauscht, waren aufgrund der immer extremeren Temperaturen jedoch bald dazu gezwungen gewesen, völlig neue Wege einzuschlagen.“

Orangenhaine statt Weinreben? Heute ist das noch undenkbar. Aber steckt ein Körnchen Wahrheit in Klaus Wanningers Vision? Was sagen eigentlich die angesprochenen Fellbacher Winzer dazu? Thomas Seibold von den Fellbacher Weingärtnern zeigt sich für den im Roman genannten Zeithorizont optimistischer als der Autor: „Aufgrund des Klimawandels wird es sicherlich keine so kurzfristigen gravierenden Veränderungen geben.“ Der Klimawandel mache sich aber im Weinberg schon bemerkbar: „Die angesprochene sukzessive Anpassung der Sorten findet bereits statt, aber nicht radikal. Auch die etablierten Sorten haben nach wie vor ihre Berechtigung und werden auch noch gepflanzt. Eine Rebanlage steht heutzutage etwa 40 Jahre!“

Thomas Seibold sieht jedoch andere Probleme: „Wodurch der Weinbau gefährdet sein könnte, sind politische Entscheidungen oder aber Fragen der Wirtschaftlichkeit. Ob die Alternative dann tatsächlich Oliven sind, wage ich allerdings zu bezweifeln, eher Verbuschung oder Photovoltaikanlagen.“

Kritische Stimmen zur Bürokratie in Brüssel

In der Politik sieht auch Gert Aldinger vom gleichnamigen Weingut die größte Gefahr. „Wenn die EU so weiter macht, dürfen wir ab 2030 da oben gar nichts mehr machen. Auch keine Oliven oder Orangen.“ Genau darauf zielt auch das diesjährige, von Oberbürgermeisterin Gabriele Zull ersonnene Motto des Fellbacher Herbstes ab. „In Fellbach bleibt Wein- und Obstbau bestehen, auf dass es die Bürokraten in Brüssel verstehen.“

Abseits politischer Fragen ist für Aldinger klar: „Ich mach’ weiter Wein.“ Vor klimabedingter Panik im Weinbau rät er ab, erkennt aber klare Veränderungen: „Ich sehe große Probleme für den Trollinger, weil er die Hitze nicht verträgt. Außerdem haben wir die Kirschessigfliege bekommen.“ Die Klimaveränderung hat auch Einfluss auf die Ernte. „Der Fellbacher Herbst war früher immer am Erntebeginn, jetzt ist er in der Regel am Ernteschluss“, sagt er.

Wanningers Krimi-Zukunft ist für Aldinger auch aus anderer Sicht unrealistisch. „Am Kappelberg oben ist ein Landschaftsschutzgebiet, die Landschaft muss erhalten bleiben für Wein.“ Orangen oder Oliven wären nach aktuellem Gesetz also gar nicht erlaubt. Und wenn sich die Regeln ändern würden? „Ich liebe für mein Leben gern Olivenöl und Oliven, aber wenn für mich eine andere Kultur infrage kommt, dann können das nur Solarpaneele sein.“ So wird es wohl auch in 30 Jahren keinen Fellbacher Orangensaft oder Kappelberger Olivenöl geben.

Oliven oder nicht, Wanningers Buch soll ja keine agrarwissenschaftliche Abhandlung sein, sondern ein Krimi. Der spannende Fall lädt wie so oft zum Mitraten ein. Und für die Lektüre hat Gert Aldinger noch einen Tipp: „Trinken Sie ein gutes Glas Wein beim Lesen, dann macht es noch mehr Spaß.“