Die Reptilien sind keine pflegeleichten Haustiere. Viele Besitzer setzen sie deshalb in Gewässern aus.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-West - Wenn warme Sonnenstrahlen auf den Feuersee treffen, dann sonnen sich dort die Schildkröten auf Gehölzen und im Uferbereich. Zwischen 20 und 40 Tiere leben in der trüben Brühe, schätzt der Vorsitzende des Württembergischen Anglervereins, Hans-Hermann Schock. Die Leiterin des Tierheims in Botnang, Marion Wünn, will dagegen im vergangenen Sommer 100 Tiere beim Sonnen gezählt haben. „Zuerst sah das aus wie große Steine, aber es waren Wasserschildkröten.“ Die Stadt hat dem Anglerverein über einen Pachtvertrag das Fischrecht im Feuersee übertragen. Damit sind die Angler aus der Region in diesem, wie auch in zahlreichen anderen Stuttgarter Seen, für Pflege des Gewässers und den dortigen Fischbestand zuständig.

 

Deshalb leben im Feuersee nicht nur Rotaugen, Barsche, Stichlinge und Schleihen, um nur einige Sorten zu nennen. Die Angler züchten hier auch Karpfen. Zu sehen sind davon nur jüngere Tiere, bis zum Alter von etwa zwei bis drei Jahren. „Größere würden dort geklaut“, vermutet Schock. Alle zwei Jahre im Herbst lassen die Angler aus dem früheren Feuerwehrteich das Wasser ab, fischen die herangewachsenen Karpfen ab, um sie an geruhsameres Plätze umzusiedeln und setzen neue Jungtiere ein. Bei dieser Aktion treffen Schock und seine Helfer regelmäßig auf Wasserschildkröten. „Die meisten haben sich um diese Zeit zum Überwintern schon im Schlamm eingebuddelt“, berichtet er und macht kein Hehl daraus, dass er kein Freund dieser Tiere ist. Der Grund ist nachvollziehbar: „Sie sind Räuber und Aasfresser. Die nehmen alles, was sie kriegen können“, sagt Schock. Vor einer ausgewachsenen Wasserschildkröte mit einem Panzerdurchmesser von 45 Zentimetern seien auch die kleineren Fische im See nicht sicher. Dies, zumal die Schildkröten sie mit ihren extrem großen und scharfen Krallen leicht verletzen können.

Nicht heimisch im Feuersee

Die Krallen dürften auch einer der Gründe sein, weshalb etliche Schildkrötenbesitzer ihre Tiere nach einiger Zeit sehr nonchalant beispielsweise im Feuersee aussetzen. Denn keines dieser Tiere ist im biologischen Sinn hier heimisch. „Die Leute kaufen die Wasserschildkröten, wenn sie noch jung und etwa fünf Zentimeter groß sind. Dann finden die Besitzer sie mit ihren großen Augen niedlich. Dabei hat das Tier Todesangst, wenn man es hochhebt und seine Beine in der Luft rudern. Es wächst sehr schnell und die Schildkröte wird gefräßig, stinkt, kratzt und beißt.“ Schock hat sich als Angler mit den Jahren einiges Wissen über die Wasserschildkröten angelesen.

In einem Punkt ist er einer Meinung mit Marion Wünn vom Tierschutzverein: „Die Tiere sollten gar nicht mehr zum Kauf angeboten werden.“ Nach ein bis zwei Jahren haben viele Besitzer die Nase voll von ihnen. Auch im Tierheim sitzen 15 Stück und die Warteliste ist lang, berichtet sie. „Das sind keine Streicheltiere und die Leute informieren sich vorher nicht über die Haltung. Außerdem werden sie 30 bis 40 Jahre alt“, sagt sie. Ausgewachsene Tiere benötigen mindestens ein 300 Liter-Aquarium. Allein schon dafür hat nicht jeder Platz. „Ein Teich im Garten ist ideal und wenn größere Goldfische mit drin sind, klappt das Zusammenleben durchaus“, so Wünn.

Aussetzen eines Tieres ist eine Straftat

Sie ist überzeugt davon, dass sich die Wasserschildkröten im Feuersee auch vermehren, obwohl sie dafür eigentlich ein wärmeres Klima benötigten: „So viele kann man gar nicht aussetzen“, rechnet sie vor und verweist auf die Naturschutzbehörde. Diese solle sich um die Population im Feuersee kümmern. Rein rechtlich ist das Aussetzen eines Tieres eine Straftat, betonen Wünn und Schock.

Letzterer wünscht sich, dass er am liebsten keiner Wasserschildkröten mehr begegnen würde. Aber außer im Eckensee seien sie in allen Stuttgarter Seen, und die Angler haben ihre ganz besondere Antipathien gegen die eingeschleppten Tiere: „Die haben rasiermesserscharfe Kiefer. Wenn ich beim Angeln einen Köder ins Wasser halte, kommt es häufig vor, dass ihn eine Schildkröte anfrisst: Die beißen Dreiecke raus und ich kann ihn wegschmeißen.“ Der Anglerhaken dagegen kann ihnen nichts anhaben, weiß Schock und findet: „Es sind einfach zu viele.“