Die anhaltend hohen Flüchtlingszahlen stellen Bundesländer und Kommunen vor immer größere Probleme. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll tiefer in die Kasse greifen. Da sind sich alle Länder einig.

Berlin - Der Umgang mit den Flüchtlingen ist zu einem zentralen Thema der großen Koalition geworden. Es geht um die Verteilung der Flüchtlinge, der Kosten und um die Frage, ob für einen angemessenen Umgang mit den Ankommenden neue Gesetze notwendig sind. Bisher hatten die Parteien sich aus Sorge um den gesellschaftlichen Frieden bemüht, solche Fragen im sachlichen Dialog zu lösen.

 

Parteipolitisch motivierter Streit sollte vermieden werdet. CSU-Chef Horst Seehofer hat mit seiner dröhnenden Warnung vor „massenhaftem Missbrauch“ gezeigt, dass dies nicht so bleiben muss. Zumal auch der Kursschwenk von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die überraschend und in Widerspruch zu ihrem Innenminister Thomas de Maizière (CDU) jetzt doch für ein Einwanderungsgesetz plädiert, in Bayern auf Gegenwehr stößt.

In der „Welt am Sonntag“ verteidigte Seehofer die Verschärfung seines Kurses: „Den besten Schutz vor Rechtsradikalismus bietet die Lösung von Problemen, die viele Menschen bewegen“, so Seehofer. Deshalb wolle er auch härter gegen Flüchtlinge aus westlichen Balkanländern vorgehen. 40 Prozent der Asylbewerber kämen aus dieser Region, obwohl deren Anerkennungsquote gleich null sei, beklagte der bayerische Ministerpräsident. Das ändere aber nichts daran, dass Bayern seiner Verpflichtung, „Humanität und Solidarität gegenüber Schutzbedürftigen“ walten zu lassen, weiter nachkommen werde.

Bayern will, dass der Bund noch mehr Kosten trägt

Eine Forderung Seehofers eint die Landeschefs über alle Parteigrenzen hinweg: Seehofer will, dass der Bund sich noch stärker an den Kosten beteiligt. Der Bund hat in diesem Jahr bereits eine Milliarde Euro zusätzlich an die Länder überwiesen. „Mindestens eine Verdoppelung der Mittel“ sei dennoch geboten, so Seehofer. Der Kostenanstieg wird für die Länder, erst recht für die Städte und Gemeinden, zu einem immer größeren Problem.

Die Sorge ist groß, dass Bürger Defizite in der öffentlichen Versorgung darauf zurückführen, dass wegen der Flüchtlingsunterkünfte kein Geld mehr da ist. Dies, so die allgemeine Einschätzung, wäre Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen. Deshalb stünde der Bund mit seiner vergleichsweise gut gefüllten Kasse in der Pflicht, noch mehr zu tun.

SPD fordert ein Punktesystem wie in Kanada

Weniger Einigkeit besteht beim Thema Einwanderungsgesetz. „Ich bin der Überzeugung, dass wir kein neues Einwanderungsrecht benötigen, weil wir schon heute über ein modernes und flexibles Einwanderungsgesetz verfügen“, sagte der christsoziale Stephan Mayer der „Passauer Neuen Presse“.

Mayer ist Innenexperte der Unionsfraktion. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann begrüßte hingegen den Kursschwenk der Kanzlerin, die auf der Grundlage eines Papiers ihres Parteivizes Armin Laschet bis Mitte September ein Konzept erarbeiten lässt. Oppermann bot an, das Gesetz noch in dieser Wahlperiode zu verabschieden.

Die SPD favorisiert ein Punktesystem nach dem Vorbild Kanadas, das die Chancen eines Einwanderers transparent darlegt, in Deutschland zu bleiben. Die Wirtschaft verfolgt solche Überlegungen mit Sympathie, weil die Unternehmen wegen des großen Bedarfs an Fachkräften die Einwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte für unerlässlich halten.