Aktuell seien 893 Flüchtlingskinder an Stuttgarter Schulen: 222 in den Regelklassen der Grund-, Sekundar- und Sonderschulen, 265 in Vorbereitungsklassen und 78 nähmen an beiden teil. An den Vorbereitungsklassen der Gymnasien seien 168 Ukrainer, an denen der beruflichen Schulen 160.
Auch die Verteilung sei ein Problem, insbesondere bei den Grundschulkindern, da diese wohnortnah an Grundschulen kämen, dies bei größeren Flüchtlingsunterkünften für die Schulen von der Kapazität her schwierig sei. „Es gibt noch keine zentrale Koordination und Steuerung der ukrainischen Flüchtlinge“, stellte Isabel Fezer fest. Und: „Wir haben noch nicht genug Lehrkräfte, um im nächsten Schuljahr all die Kinder in den Vorbereitungsklassen unterrichten zu können. Auch räumlich kommen wir an unsere Grenzen.“
Zu wenig Vorbereitungsklassen, zu wenig Deutschförderung
Dies unterstreichen auch die geschäftsführenden Schulleiter. Für die Gymnasien sei insbesondere das Fehlen einer zentralen Koordination ein Problem, merkte Manfred Birk an: „Wir haben in den vergangenen Monaten auf Bitten von Verwandten immer wieder Kinder aufgenommen, ohne ihnen extra Deutschunterricht anbieten zu können – viele bräuchten dringend Deutschunterricht.“ Für den Schulleiter ist klar: „Wir müssen die Flüchtlingskinder über die Sprache in unsere Gesellschaft integrieren.“ Doch die bisher eingerichteten Vorbereitungsklassen reichten dafür nicht aus. Manfred Birk drang zudem darauf, die Kinder „der richtigen Schulart zuzuführen“.
Die beruflichen Schulen haben die Sache selber in die Hand genommen und seit Mai zehn Vorbereitungsklassen (Vabo) eingerichtet: „Wir haben auf die Schnelle viele Nebenlehrer eingestellt“, berichtete Felix Winkler. Aber das werde wohl nicht reichen. Er rechnet mit 300 bis 500 jugendlichen Flüchtlingen. „Wir werden dem Ansturm im September nicht gerecht werden können. Das System kommt an Grenzen, räumlich, aber auch personell – das stresst die Schulen“, so der Schulleiter.
Nikola Soric vom Regierungspräsidium erklärte dazu: „Wir kennen das Problem und befassen uns damit.“ Er verwies auf den Lehrerpool und man hoffe auf Aufstocker: „Aufstocken geht problemlos bei uns.“ Er räumte aber auch ein: „Im Regierungspräsidium Stuttgart sind leider zu wenig Lehrkräfte vorhanden.“ Hinzu komme: nicht alle wollten in Stuttgart eingesetzt werden.
220 ukrainische Flüchtlingskinder auf der Warteliste für einen Schulplatz
Schulamtschef Thomas Schenk berichtete, man führe täglich Einstellungsgespräche. Derzeit stünden noch 220 Kinder auf der Warteliste für einen Schulplatz, es fehle aber Personal. Er kündigte an: „Wir können ab September neue Klassen einrichten, mehr Klassen.“ Wie viele, sagte er nicht. „Wir wissen nicht, wie viele Schüler im September vor den Schultoren stehen werden.“ Denn den Zahlen des Einwohnermeldeamts zufolge werde man 1600 Flüchtlingskinder integrieren müssen, davon mehr als 150 Sechsjährige. Eine Neuverteilung der Schüler im September halte er allerdings für schwierig.
Im Schulbeirat kritisierte Jasmin Meergans (SPD): „Wer Lehrkräfte über die Sommerferien entlässt, muss sich nicht wundern.“ Auch beim Studienangebot für Lehrer gebe es Luft nach oben. Auch Luigi Pantisano (Linksbündnis) und Manja Reinholdt vom Gesamtelternbeirat kritisierten diese Strategie der Landesregierung – „ein Unding“.
VHS-Kurse und Waldheimbesuch für Flüchtlinge
Aus dem Beirat kamen aber auch Vorschläge, wie man kurzfristig die Situation verbessern könnte. So verwies Marina Silverii (Grüne) auf außerschulische Bildungsangebote und Ehrenamtliche. Felix Winkler regte an, die Flüchtlingskinder in Integrationskurse zu schicken. Für den Schulunterricht müsse man dann eben die Konsequenz ziehen, statt 30 nur noch 15 Stunden pro Woche anzubieten. Auch wenn es für die Schulen ein Kraftakt sei, die Deputate umzustellen. Er frage sich aber auch, so Winkler, ob die Verteilung der Flüchtlinge in Ordnung sei, wenn Stuttgart zehn Vabo-Klassen anbiete, Ludwigsburg aber nur eine. Fezer meinte dazu: „Unser Aufnahmekontingent ist erfüllt.“
Die Bürgermeisterin regte an, ukrainische Kinder zum Waldheimbesuch zu ermuntern. Schulleiter Birk ergänzte, es wäre doch sinnvoll, VHS-Deutschkurse in den Sommerferien anzubieten. Und in den Lehrerseminaren verstärkt für Deutsch als Fremdsprache zu werben.