Nach dem großen Lob für die Arbeit von Pflegekräften in der Corona-Krise war viel von Bonus-Zahlungen die Rede. Nun plant das städtische Klinikum einen solchen Schritt. Andere Krankenhäuser in Stuttgart sehen sich wegen der angekündigten, aber bisher zu geringen Bundeshilfen dazu nicht in der Lage.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - In der ersten Phase der Coronakrise gab es teils überschwängliches Lob, Dankbarkeit und Beifall von Bürgern und Politik für den Einsatz der Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altenheimen. Inzwischen ist es um das Thema still geworden. Den Beschäftigten in der Altenhilfe will der Bund zwar einmalig bis zu 1500 Euro für den Corona-Einsatz zukommen lassen, die Krankenpflege ist zurzeit aber kein Thema.

 

Im Klinikum der Stadt Stuttgart gibt es aber inzwischen Pläne für die Zahlung eines Corona-Bonus an die Pflegekräfte. Drüber sprechen will öffentlich noch niemand, aber es gibt den Vorschlag, dass Beschäftigte etwa in der Pflege, in der Logistik und der Reinigung einen einmaligen Corona-Bonus erhalten sollen, also jene Gruppen, die nah am Patienten arbeiten und die eher den unteren Einkommensgruppen angehören. Für die Ärzteschaft und für die Verwaltung ist der Zuschlag jedenfalls nicht vorgesehen.

Sehr hoch wird die Zahlung nicht ausfallen

Sehr hoch würde er ohnehin nicht ausfallen. Es ist von einer Einmalzahlung von 300 Euro die Rede. Die Gesamtausgaben: etwa 900 000 Euro. Rechnerisch kämen circa 3000 der etwa 7000 Mitarbeiter der Großkrankenhauses in den Genuss der Bonuszahlung. Mit der jetzt ins Auge gefassten Zahlung will man offenbar auch eine Enttäuschung der in der Krise bei Pflegekräften geweckten Erwartungen vermeiden. Eine Entscheidung ist aber weder beim Klinikum noch in der Stadtverwaltung gefallen.

In den anderen Krankenhäusern, die sich maßgeblich an der Bewältigung der Corona-Krise in Stuttgart beteiligt haben, gibt es keine solchen Pläne. Man verfolge die Diskussion um die Boni „sehr aufmerksam“, sagt Frank Weberheinz, der Pressesprecher im Diakonie-Klinikum. Auch dort würde man den Beschäftigten „sehr gerne eine solche Prämie bezahlen – sie haben es sich mehr als verdient“. Man schaffe das als freigemeinnütziges Haus aber „nicht aus eigener Kraft“. Zumal die Erlösausfälle wegen der Vorhaltungen für Corona-Patienten riesig seien. „Die fordern uns genug“, sagt Frank Weberheinz. Auch im Marienhospital verweist man darauf, dass fraglich sei, ob der Bund die Defizite aus der Coronakrise in vollem Umfang begleichen werde. So warte man, auch zu den Boni, „auf ein Zeichen der Politik“, sagt Pressesprecher Rainer Kruse.

Wettbewerb um Fachkräfte

Der medizinische Geschäftsführer des Robert-Bosch-Krankenhauses (RBK), Mark Dominik Alscher, sagt, die Pauschale, die der Bund den Häusern für jedes im Vergleich zum Vorjahr freie Bett bezahle, „reicht bei Weitem nicht aus.“ Anders als kleinere Kliniken behandeln die großen Stuttgarter Träger viele medizinisch schwierige Fälle mit weitaus höheren Kosten und Erlösen. Auch die Mehrkosten durch die Corona-Maßnahmen seien nicht finanziert. „Dieser Riesenaufwand ist nicht abgedeckt“, kritisiert Alscher. Das mache es schwer, „noch großzügig Prämien zu zahlen“. Hier habe das Klinikum mit der Stadt als Träger bessere Möglichkeiten und bringe andere „unter Zugzwang“.

Allerdings hat das RBK im Wettbewerb um Fachkräfte schon im Januar einen Schritt vollzogen, der gerade im städtischen Klinikum aufmerksam beobachtet wird. Seither werden Mitarbeiter innerhalb ihrer tariflichen Entgeltgruppen, in denen es noch Stufen gibt, früher hochgestuft, als das RBK dies müsste. Dies ist im Rahmen des Tarifvertrages möglich. Auch das sorgt für Gesprächsstoff in den Stuttgarter Krankenhäusern.

Verdi kämpft für Verbesserungen

Derweil kämpft die Gewerkschaft Verdi im Kontext der Coronakrise für Verbesserungen im Gesundheitswesen. Rund 300 Personalvertretungen in Kliniken und Sozialeinrichtungen auch aus Stuttgart haben einen Brief an das Land unterschrieben. Am gestrigen Dienstag fand ein Gespräch mit dem Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) statt. Verdi will auch, falls die Mittel des Bundes für die Klinikausfälle in der Coronakrise nicht reichen, dass das Land als Ausfallbürge einspringt. Den Unikliniken habe man bereits je 1,5 Millionen zugesichert.