Fünf engagierte junge Stuttgarter wollen das erste Foodsharing-Café der Stadt eröffnen. Nur ein Laden fehlt ihnen noch.

Stuttgart – 2016 irgendwo in Stuttgart-Nord. Ein engagierter Kioskbetreiber veranstaltet in seinem Durcheinander zwischen Kippen, Rubbellosen und Kaugummis regelmäßig Foodsharing-Treffen. Bei ihnen trifft sich ein Teil der Stuttgarter Foodsharing-Community, eine Gruppe von insgesamt rund 900 Menschen, um die Idee eines „Fairteiler-“Schrankes in seinem Kiosk zu diskutieren. So werden Einrichtungen genannt, in der man Lebensmittel abgeben und entnehmen kann. Kostenlos. Für jeden, der etwas hat oder etwas braucht. An die zehn gibt es derzeit in Stuttgart, es werden immer mehr. Im Grunde ist das wie containern, nur würdevoller und weniger umständlich.

 

Auch Maximilian Kraft ist mit Eifer dabei, merkt aber schnell: In einem Kiosk würde das nicht funktionieren. Und überhaupt dachten sie alle zu klein. Ihm schwebte ein ganzer Ort für Foodsharing vor – und er war damit nicht allein. Schnell fanden sich andere Interessierte, eine erste Taskforce war gebildet. Von der sind heute fünf Menschen Mitte zwanzig übrig, die den Fairteiler so richtig ins Rampenlicht rücken und ihm gleich noch ein schönes Café an die Seite stellen möchten: Raupe Immersatt, Stuttgarts (und vielleicht sogar Deutschlands) erstes Foodsharing-Café.

Contra Wegwerfgesellschaft

Kraft, Student des Masterstudiengangs Nachhaltige Elektrische Energieversorgung bringt den Foodsharing-Gedanken auf den Punkt. „Foodsharing schließt niemanden aus. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt, weil Lebensmittel uns alle etwas angehen – und ebenso die Verschwendung davon.“ Noch immer schmeißen die großen Supermarktketten täglich tonnenweise Lebensmittel weg, obwohl es auch in Stuttgart mehr als genug Menschen gibt, die sie gut gebrauchen könnten. „Da muss noch viel passieren“, nickt Kraft. „In Frankreich dürfen Supermärkte per Gesetz keine Lebensmittel mehr wegwerfen, das würde ich mir auch für Deutschland wünschen. Es ist Zeit, dass auch hier dieses Gesetz kommt.“

Vertrauensvorschuss

Die Fairteiler sind zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber immerhin ein Anfang, der mit dem Café Raupe Immersatt in die nächste Phase gehen könnte. Eine erste Crowdfunding-Kampagne lief bereits erfolgreich und brachte den jungen Gründern 26.000 Euro ein. „Ein Teil davon wird noch für die Kampagnengebühr und ähnliches draufgehen, sodass wir am Ende wohl 24.000 zur Verfügung haben werden“, legt er dar. Die werden ausschließlich in das Inventar der künftigen Räumlichkeiten investiert – „Kaffeemaschine, Kühlschränke, Spülmaschine und so weiter. Das Mobiliar“, betont er, „wird allerdings aus Sperrholz gefertigt werden.“

Beinahe kommt man sich schlecht vor, wenn man diese vor Idealismus nur so triefende Truppe nach ihrer Wirtschaftlichkeit befragt. Dennoch: Bei einem Ort, an dem die Lebensmittel kostenlos sind und die Getränke so viel kosten, wie sie einem wert sind, kommt man schon ins Grübeln, wie sich das alles tragen soll. Kraft ist zuversichtlich: „Wir haben einen recht aufwändigen Businessplan, den wir an anderen ‚Pay as you like‘-Konzepten orientiert haben. Der zumindest funktioniert sehr gut“, lacht er. „Natürlich ist es ein Experiment, das wissen wir alle, und es wäre auch naiv zu behaupten, dass auf jeden Fall alles klappt. Doch ich glaube, dass das Vertrauen, das wir vorschießen, auch zurückbekommen.“

Traummieter gefällig?

Die Raupe Immersatt soll ein offener Ort werden, ein Treffpunkt für alle und jeden. „Ich könnte mir gut vorstellen, dass bei uns auch Leute auf Aushilfsbasis arbeiten, die keinen Job finden oder sozial benachteiligt sind. Wir wollen viele Workshops anbieten, gern auch an Schulen über Lebensmittel und Foodsharing sprechen. Ideen“, grinst Kraft, „gibt es sehr viele.“ Aber auch ein nicht unbedeutendes Problem: Noch fehlt die passende Räumlichkeit. „Einfach ist das nicht, was uns aber klar war: Wir können nur begrenzt hohe Mieten zahlen und haben die Vorstellung, dass das alles sehr zentral stattfindet. Richtige Traummieter, was?“ Er lacht, wird dann aber wieder ernst: „Wer etwas hören sollte, etwas weiß oder sogar etwas hat, der darf sich sehr, sehr gern melden.“ Es wäre für eine ziemlich gute Sache.

www.raupeimmersatt.de