Frankfurter Buchmesse Non-Books sind die Hoffnung der Buchbranche

Weil die Umsätze wegbrechen, halten Non-Books wie Plüschtiere oder rustikale Taschen in allen Abteilungen des Buchhandels Einzug.
Stuttgart - Auf den ersten Blick gibt es in der Marbacher Buchhandlung Taube genau das, was man dort erwartet: Bücher. Vor den hohen, gotischen Bögen der früheren Wendelinskapelle, in der sich der Laden befindet, liegen auf einem Tisch Empfehlungen, dahinter stehen Geschenkbändchen, Reiseführer und Kochbücher im Regal. Nur wer genau hinsieht, entdeckt auch die anderen Dinge, die Martina Taube anbietet: kleine Päckchen mit Keksen etwa, Erdmännchen aus Plüsch, rustikale Taschen oder exklusiv aussehenden Kaffee. Je nachdem, was zu den Büchern im Regal eben passt. "Das ist ein unglaublich gutes Zusatzgeschäft", sagt die Inhaberin der kleinen Buchhandlung in der Schillerstadt. Gerade Touristen und die Besucher des Literaturarchivs nähmen gerne den einen oder anderen Geschenkartikel mit - sogar Wickeltaschen verkauft sie täglich in ihrer Buchhandlung, wie sie sagt.
Non-Books nennt der Buchhandel Artikel, wie Martina Taube sie verkauft. Tchibo und Ketten wie Strauss Innovation machen schon seit Längerem vor, wie sich verschiedene Produkte unter einem Motto zusammengefasst besser verkaufen als einzeln. Und auch im Buchhandel funktionieren solche Themenwelten gut. Angefangen hat es im Bereich Kinderbuch, wo der Coppenrath Verlag schon in den neunziger Jahren begann, zu Büchern wie "Briefe von Felix." von Annette Langen den passenden Schulranzen und Felix in Plüsch zu stellen. Mittlerweile erlöst der Münsteraner Pionier des Zusatzsortiments die Hälfte seines Umsatzes mit Produkten wie Geschenkartikeln, Spiel- und Schreibwaren unter dem Namen Spiegelburg, wie Verlagsleiter Wolfgang Foerster sagt.
Auch Verlage steigen in das Geschäft ein
Heute haben Non-Books in allen Abteilungen des Buchhandels Einzug gehalten, kein Kunde wundert sich mehr, wenn neben dem schwäbischen Kochbuch Baumwolltaschen und Becher mit entsprechenem Aufdruck im schwäbischen Idiom ("Oh Herr, schmeiß Hirn ra!") liegen oder neben dem Backbuch Muffinförmchen und Ausstecherle. In kleineren Läden wie dem von Martina Taube machen die Geschenkartikel etwa zehn Prozent des Umsatzes aus, bei größeren Kettenläden entfällt sogar schon ein Viertel oder gar Drittel der Erlöse auf das zusätzliche Sortiment.
Und wenn es nach der Branche geht, ist damit noch lange nicht das Maß voll. Am Mittwoch verkündete etwa Michael Busch, Chef des deutschen Buchhandelsmarktführers Thalia, seine Kette wolle unter anderem das Geschäft mit Trend- und Geschenkartikeln, aber auch mit Papeterie und Spielwaren erheblich ausbauen. "Wir werden künftig verstärkt in inspirierenden Themenwelten denken und weniger in Produktkategorien. Vor allem versprechen wir uns durch den neuen Sortimentsmix Impulskäufe", sagte Busch am Mittwoch auf der Frankfurter Buchmesse. Zwischenhändler wie das Stuttgarter Unternehmen KNV oder der Bietigheimer Konkurrent Umbreit weiten ihre Non-Book-Sortimente aus, mit denen sie die Läden von heute auf morgen beliefern - so wie sie es bei Büchern auch tun.
Und sogar Verlage steigen in das Geschäft ein: Bastei-Lübbe etwa beschäftigt seit einer Woche einen eigenen "Programmleiter Geschenkewelt/Industriekooperationen": Michael Wieser, zuvor einer der Geschäftsführer der Mayerschen Buchhandlung - wie Thalia eine der großen Ketten. Wiesers Aufgabe: eine "Non-Book-Offensive" zu starten, zu prüfen, welche Geschenkprodukte der Verlag verkaufen kann - auch unabhängig von Titeln und Autoren.
Mehr als die Hälfte der Käufe erfolgt spontan
Non-Books verkaufen sich zum einen gut im Buchhandel, weil der Kunde meist weiblich, über 40, gut situiert und ohnehin Impulskäufer ist - mehr als die Hälfte der Käufe erfolgt spontan, weiß Bastei-Lübbe-Mann Wieser. Zum anderen spiegelt die Allgegenwart dieses Trends auf dem Frankfurter Messegelände aber auch die pure Not: "Bis 2017 ist davon auszugehen, dass der stationäre Buchhandel in Deutschland nur noch für die Hälfte des Gesamtumsatzes am Buchmarkt sorgen wird", erzählt Thalia-Manager Busch unverblümt, "der Rest wird über den Online-Handel und digitalen Content generiert." Das Geschäft bricht weg, und das nicht nur für den Buchhandel, sondern auch für die Zwischenhändler. Hinzu kommt, dass der Buchumsatz auch ohne digitale Konkurrenz schon seit Jahren schrumpft.
Wird aus dem Buchhandel also der Handel mit Lifestyleartikeln? Leute, die sich damit auskennen, warnen davor. Denn noch sind Non-Books etwas anderes als Geschenkartikel. "In der Buchhandlungen lassen sich nur Produkte verkaufen, die im Anspruch dem Buch entsprechen. Sie müssen den Eindruck machen, etwas Besonderes zu sein. Nur dann kaufen die Leute, ohne allzu sehr auf den Preis zu sehen", weiß die Gründerin des Non-Book-Marktplatzes auf der Buchmesse, Angelika Niestrath. "Sobald die Kernkompetenz Buch und damit der Anspruch verloren geht, fangen die Leute an, die Preise mit Nanu-Nana oder Butlers zu vergleichen." Bücher, sagt sie, veredeln. Sogar Nicht-Bücher.
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