Trotz Konflikten und Terrorgefahr lassen sich viele Deutsche die Urlaubslust nicht verderben. Doch die Ziele ändern sich zunehmend – und einige Länder leiden darunter besonders stark.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Nach den schrecklichen Bildern des Anschlags in Nizza kommen Touristen erneut ins Grübeln. Wie sicher ist Frankreich als Reiseziel? Soll man die Fahrt nach Paris, den Badeurlaub in der Provence, die Radtour durchs Loire-Tal abblasen? Anderswo hinfahren? Lieber daheim bleiben? Und überhaupt: Welche Orte, welche Länder sind eigentlich überhaupt noch sicher?

 

So unterschiedlich, wie Touristen auf schreckliche Ereignisse reagieren, sind auch Reiseländer betroffen. Obwohl Paris seit den Anschlägen im November 2015 weitere schwere Terrorattacken erlebte, ist der Tourismus in Frankreich bei Weitem nicht so katastrophal eingebrochen wie in der Türkei, Ägypten und Tunesien. Paris verzeichnet zwar sinkende Gästezahlen, aber weiterhin auf hohem Niveau.

In Tunesien und Ägypten ist das Reisegeschäft vielerorts beinahe kollabiert

Wenn Terror den Tourismus trifft, sind manche Entwicklungen auch für Experten kaum rational erklärbar. „Es geht eben auch um gefühlte Sicherheit“, sagt Professor Ulrich Reinhardt, Leiter des Instituts für Zukunftsfragen in Hamburg. Dabei existiert absolute Sicherheit nirgendwo auf der Welt. Es gab schlimme Attentate in New York, London, Madrid, auf Bali und selbst in Norwegen, nicht immer aus islamistischen Motiven. Doch an all diesen Orten brummt das Reisegeschäft längst wieder, teils mehr als je zuvor.

Das zeigt auch: Touristen verdrängen solche Ereignisse meist schnell. „Bei gutem Krisenmanagement nach Anschlägen dauert es meist nur ein paar Monate, bis Hotels und Strände wieder gut gefüllt sind“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler und Tourismusexperte Karl Born. „Man darf die Gefahren als Veranstalter und Zielgebiet aber nicht verharmlosen, sondern muss aufklären und den Touristen vermitteln, dass das Menschenmögliche getan wird, um Gefahren zu minimieren.“ In Tunesien und Ägypten ist das nicht gelungen. Nach den dortigen Terrorattacken ist das Reisegeschäft vielerorts beinahe kollabiert. Hunderttausende Beschäftigte haben ihre Jobs verloren, die Not wächst. Auch in der Türkei liegen die Buchungen deutscher Urlauber in der laufenden Saison bei vielen Veranstaltern rund 40 Prozent unter Plan. Immer mehr Hoteliers stehen vor der Pleite, weil auch die größte Gästegruppe – die Russen – wegbleibt.

Tui-Kunden nach Nizza dürfen kostenfrei umbuchen oder stornieren

Dennoch melden große Reisekonzerne weiterhin Rekordgeschäfte. Das liegt daran, dass es Veranstalter professionell wie nie zuvor verstehen, auf plötzliche Krisen zu reagieren. In enger Zusammenarbeit mit Experten im Auswärtigen Amt werden Gefahren beurteilt, notfalls Rückholaktionen für Pauschalreisende gestartet und Reiseströme in andere Länder umgeleitet. Spanien, Italien und Portugal profitieren aktuell mehr denn je davon, dass viele Urlauber die islamischen Krisenländer im östlichen Mittelmeer eher meiden. Viele Veranstalter haben reagiert und Flug- und Hotelkapazitäten für die Balearen, die spanische Südküste, die Algarve und die Kanaren massiv aufgestockt. Inseln wie Mallorca erleben Rekordjahre. Auch Fernreisen boomen, vor allem in die Karibik, nach Nordamerika und Südostasien.

Bei dem größten deutschen Reiseveranstalter Tui erwartet man nach dem Anschlag von Nizza keine Stornowelle von Kunden, die einen Frankreich-Urlaub gebucht haben. Ohnehin belegt das Land beim Konzern unter den beliebtesten Pauschalreisezielen nur Platz 33, da viele Urlauber lieber auf eigene Faust anreisen. Angesichts recht geringer Gästezahlen fällt es der Tui leicht, Kulanz zu zeigen: Kunden, die bis einschließlich 31. Juli eine Reise nach Nizza gebucht haben, können kostenfrei umbuchen oder stornieren. Für alle übrigen Frankreich-Urlauber gelten allerdings die üblichen Bedingungen.