Rund 4400 Beschäftigte des Motorenbauers am Bodensee erfuhren bei der jüngsten Betriebsversammlung: Das Management sucht vehement weiter nach Einsparmöglichkeiten.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Angespannte, aber gefasste Stimmung, erstmals keine Plätze mehr frei in der eigens angemieteten Halle auf dem Messegelände Friedrichshafen, so hat Thomas Bittelmeyer am Dienstag den Ablauf der schon dritten Betriebsversammlung am Stammsitz von Rolls-Royce Power Systems (RRPS) in diesem Jahr beschrieben. Die Nachrichten aus dem Management, wonach der Rolls-Royce-Konzern baldmöglichst bis zu 2500 Stellen weltweit abbauen will, hatten im Vorfeld aufgeschreckt.

 

Allerdings, so der Betriebsratsvorsitzende, wirke der jüngst ausverhandelte Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag für Rolls-Royce Power Systems, der Kündigungen bis Ende 2026 ausschließt, beruhigend. „Ängste um die eigene Stelle gibt es derzeit nicht mehr.“

Es sollen zwei Jahresgehälter bezahlt werden

Stellen werden aber dennoch wegfallen, kündigte im Nachgang der Versammlung die Arbeitsdirektorin Thelse Godewerth an. Sie hatte am Vormittag ebenfalls zu den Beschäftigten gesprochen. Man wolle bei RRPS „die Leistungsfähigkeit verbessern“ und „Synergien im Konzern nutzen“. Unter anderem hat das Unternehmen ein Abfindungsprogramm aufgelegt; der Plan sei, so Detlef Gagg, Personalleiter Deutschland, freiwillig ausscheidenden Beschäftigten Abfindungen in Höhe von je zwei Jahresgehältern zu zahlen. Das Programm stehe allerdings nicht jedem offen. „Wir werden auf Mitarbeiter zugehen.“

Wie viele Arbeitsplätze durch Abfindungen und sonstige Fluktuation abgebaut werden, soll nach Unternehmensangabe im Lauf des ersten Quartals 2024 bekannt werden. Betriebsratschef Bittelmeyer rechnet mit bis zu 600 Stellen bei RRPS, am Stammsitz Friedrichshafen mit bis zu 350 Stellen. Managerin Godewerth sagte dazu lediglich, der Motorenbauer werde zum angestrebten Stellenabbau „natürlich einen Beitrag leisten“. Darüber hinaus sei geplant, Aufgaben im Konzern zu bündeln, so zum Beispiel beim Engineering. Ziel, so Godewerth: „Wir wollen zweistellige Margen.“

„Wir haben moderne Maschinen und veraltete“

Bekannt ist bisher, dass der Unternehmensbereich Brennstoffzelle mangels wirtschaftlicher Perspektiven verkauft werden soll. Bei einer Marineschiff-Motorenreihe werden zudem die Zylinderköpfe künftig nicht mehr selbst hergestellt, sondern einbaufertig von einem Zulieferer bezogen. Bittelmeyer wagte am Dienstag keine Prognose, ob es künftig dabei bleibt. „Wir haben moderne Maschinen und veraltete.“ Er erneuerte seine in diesem Jahr schon wiederholt geübte Kritik am Zugriff der englischen Konzernmutter auf die deutschen Tochterniederlassungen. „Mir kommt es so vor, es geht darum, möglichst viel möglichst schnell abzuernten.“

Arbeitsdirektorin Thelse Godewerth trat Kritik entgegen, der schwächelnde Flugzeugturbinenbauer Rolls-Royce gehe ohne Rücksicht auf Verluste vor und gefährde die Zukunft in Friedrichshafen, indem Investitionen lediglich aufs Nötigste beschränkt würden. Die deutschen Arbeitnehmerrechte genössen unter dem Londoner CEO Tufan Erginbilgic „einen hohen Respekt“. Sie selber spreche bei Verhandlungen in England aus einer „Position der Stärke“. Die nächste turnusgemäße Betriebsversammlung am Bodensee ist für nächsten April geplant.