Anfang November wählt Verdi Baden-Württemberg den Nachfolger von Leni Breymaier. Der künftige Landesvorsitzende Martin Gross hat kein Parteibuch und fühlt sich dadurch unabhängiger im neuen Amt.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Sein erster Großauftritt als künftiger Verdi-Landeschef wird fast zwei Monate vor der geplanten Wahl erfolgen: Am 17. September soll Martin Gross für die Gewerkschaften bei einer der bundesweit sieben Kundgebungen gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP in den Ring steigen. Vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof wird er seiner Abneigung dagegen freien Lauf lassen. „Wir sind für einen gerechten, fairen Handel – aber nicht für einen, der den Konzernen noch mehr Macht gibt“, sagt der Nachfolger der voraussichtlich neuen SPD-Landesvorsitzenden Leni Breymaier.

 

Speziell die jeweilige Rechtsarchitektur lehnt er ab. „Es widerstrebt meinem Bild von einer gerechten Gesellschaft, dass hier eine weitere Rechtsebene eingezogen wird, die nur den Konzernen dient.“ Die könnten sich ohnehin eine „Armada von Anwälten“ leisten. Somit seien die Abkommen allein schon wegen des Umfangs der Verträge unzureichend der demokratischen Kontrolle unterworfen. Schwesterorganisationen im DGB mit ihren stark exportgetriebenen Branchen mögen die Abkommen positiver sehen – Verdi sei als Gewerkschaft für die öffentliche Daseinsvorsorge und den Handel entschieden dagegen, betont der 55-Jährige. Abgesehen von der geplanten Stärkung der Konzernmonopole ärgert es ihn, „dass die Gesundheit zur Ware verkommt und nicht mehr Menschenrecht ist“. Dies will er – temperamentvoll, wie es seine Art ist – im September klar zum Ausdruck bringen. Und weil er TTIP wanken sieht, hofft er auf eine möglichst große Mobilisierung der Mitglieder.

Politisch soll Verdi auf Kurs bleiben

Gross war Geschäftsführer im Verdi-Bezirk Fils-Neckar-Alb mit Sitz in Reutlingen und hat daher in Stuttgart noch keinen großen Namen. Dies soll sich ändern – mit Kontinuität in der Amtsführung. „Die politische Ausrichtung des Landesbezirks wird sich nicht ändern“, versichert er. Inhaltlich sieht er eine „große Deckungsgleichheit“ zu Breymaier. Dabei hat Gross im Gegensatz zu ihr und zu vielen anderen Gewerkschaftern kein (SPD-)Parteibuch. Ein Signal sieht er darin nicht. „Ich halte die Gesprächsfähigkeit zu allen demokratischen Parteien und den sozialen Bewegungen für wichtig.“.

Parteilos fühlt sich Martin Gross unabhängiger, geht mit dem Zustand aber „nicht hausieren“. Denn „wer am Parteibuch gemessen wird, hat schon etwas falsch gemacht“, sagt er. Und wenn man ihn schon zum linken Gewerkschaftsflügel zähle, nur weil er immer gegen die Agenda 2010 gewesen sei und sich auch mit der SPD darüber „gezofft“ habe, dann sei das eben so.