Von 2016 bis zum Ende der vergangenen Saison spielte Michele Ancona beim TSV Heimerdingen, mit dem der offensive Mittelfeldmann 2019 in die Fußball-Verbandsliga aufgestiegen ist. Das traut der 36-Jährige auch seinen ehemaligen Teamkollegen im Landesliga-Endspurt zu. Der Partie an diesem Samstag (15.30 Uhr) beim TSV Crailsheim kommt dabei aus seiner Sicht entscheidende Bedeutung zu.
Herr Ancona, Ihren Ex-Club haben Sie nach Ihrem Rücktritt im vergangenen Sommer noch im Blickfeld, oder?
Ja, natürlich. Ich habe beide Duelle gegen den VfR Heilbronn gesehen, das Derby gegen Rutesheim ebenfalls. Ich hänge da schon noch ein wenig dran, es spielen auch noch einige Kumpels beim TSV. Im Hinspiel gegen Heilbronn saß ich sogar noch einmal auf der Bank – es gab eine Verletztenmisere sowie einige kranke und gesperrte Spieler. Dann haben sie mich gefragt, ob ich mich nicht als Ersatzspieler auf die Bank setzen würde. Das habe ich natürlich gemacht, aber ich war froh, dass ich nicht eingewechselt wurde.
Mit ein paar Spielminuten hätten Sie aber einen minimalen Anteil daran, wenn der Club womöglich demnächst in die Verbandsliga aufsteigt.
Definitiv, damit hätte ich mich schon gerühmt (Lacht). Ich bin mit dem TSV 2019 über die Relegation aufgestiegen, das wäre eine Riesensache, wenn das noch mal passiert – und zwar direkt als Meister.
Der Titel entscheidet sich in Crailsheim
Mindestens vier Punkte sind nötig: Verlieren ist gegen den TSV Crailsheim am Samstag verboten.
Solche Spiele sind immer auch Kopfsache, weil da Druck vorhanden ist. Ich denke, dass das Spiel in Crailsheim das entscheidende sein wird. Auswärts, Crailsheim ist ein unangenehmer Gegner, davor eine lange Busfahrt, womöglich mit einem Stau bei Weinsberg, dann der große Platz und viele Zuschauer am Rand – da kommt viel zusammen. Ich denke, der Aufstieg entscheidet sich in Crailsheim – wenn sie das gewinnen, werden sie sich die Meisterschaft am letzten Spieltag im eigenen Stadion gegen Pfedelbach nicht mehr nehmen lassen.
Wahrscheinlich nicht, aber die Stuttgarter Kickers haben am letzten Spieltag auch den möglichen Aufstieg in die dritte Liga verschenkt.
Wahnsinn, das hätte ich auch nicht gedacht, dass das so kommt – aber das ist eben Fußball. Dennoch bin ich überzeugt, dass ein Sieg in Crailsheim die nötige Energie liefern wird, um auch am letzten Spieltag nicht zu patzen. Aber soweit ist es noch nicht.
Sie waren live dabei: Hätten Sie gedacht, dass der TSV nach dem 0:3 auf eigenem Platz gegen den VfR Heilbronn noch einmal eine Aufstiegschance bekommt?
Das spricht für die Mentalität der Mannschaft, danach noch einmal zurückzukommen. Auch für den Trainer, wenn man nicht draufhaut, sondern das Team aufbaut. Gegen Heilbronn sind sie nicht an die Leistung herangekommen, die sie sonst abliefern können. Aber es ist genau das eingetreten, was ich zu den Jungs nach dem Spiel gesagt habe.
Ancona hält Kontakt zum Team
Und das war?
Ich habe gesagt: Klar, seid ihr jetzt deprimiert, aber es sind noch ein paar Spiele zu spielen – auch für Heilbronn. Die können auch mal so einen Scheißtag haben, und gleich am nächsten Spieltag machen sie diesen Patzer und verlieren völlig überraschend zuhause 0:2 gegen die SG Sindringen/Ernsbach. Deshalb sagt man: Ein Spiel geht 90 Minuten und die Saison ist erst nach dem letzten Spieltag entschieden.
Heilbronn könnte auch am letzten Spieltag gegen Oeffingen noch einmal patzen.
Ja, aber eigentlich möchte man die Meisterschaft aus eigener Kraft schaffen und nicht dank der Hilfe anderer. Letztendlich ist es tatsächlich egal, aber für einen Spieler selber fühlt es sich besser und schöner an, wenn man gewinnt und man auf diese Weise sein Ziel erreicht.
Mannschaft und Trainerteam scheinen optimal zu passen – Sie kennen ja die meisten Protagonisten persönlich.
Man muss wirklich sagen, dass das gesamte Team noch einen Schritt nach vorn gemacht hat im Vergleich zu den Jahren davor. Alle, die damals in Heimerdingen waren, konnten kicken – das Problem war, dass wir in der Breite nicht ausreichend gut aufgestellt waren und manche Ausfälle nicht wirklich kompensieren konnten. Wenn man sieht, wie lange Lars Ruckh in dieser Saison ausgefallen ist, aber die Mannschaft es trotzdem hinkriegt, weiter Tore zu schießen, dann ist das der Unterschied. Zuvor waren der Lars und auch ich hauptsächlich für die Tore zuständig, die anderen haben getroffen, wenn sie mal Lust hatten (Lacht). Diese Saison ist das anders, es sind echte Verstärkungen dazugekommen.
Trainerjob käme noch zu früh
Trainer Daniel Riffert übernimmt nach der Saison den Posten des Sportdirektors – wäre so was nicht auch ein Job für Sie?
Die Aufgaben eines Trainers erfordern viel Zeit und Energie, deshalb ist das immer eine ganz persönliche Entscheidung. Ich wurde nach meinem Rücktritt tatsächlich auch schon darauf angesprochen, die Angebote waren da – ich musste mich aber fragen, ob ich das will. Ich finde, dass das jetzt für mich noch keine Option ist, im Job ist ziemlich viel los und auch die Familie soll nicht zu kurz kommen.
Die Tür zum Fußball ist aber noch nicht komplett geschlossen, oder?
Nein, bestimmt nicht. Der TSV Münchingen meldet nächste Runde eine Ü-32-Mannschaft, da wurde ich gefragt, ob ich nicht mitkicken möchte. Das kann ich mir gut vorstellen. Und mein kleiner Sohn ist zweieinhalb Jahre alt, der ist beim Kicken auch schon motiviert. Ich könnte mir vorstellen als Jugendtrainer zu beginnen – so lief das auch bei mir und meinem Vater.
Beim letzten Heimspiel am 1. Juni werden Sie in Heimerdingen sein.
Klar, ich habe es ganz fest vor und hoffe, dass wir danach bis tief in die Nacht etwas Großes zu feiern haben.