Sigmar Gabriel tritt nicht als Kanzlerkandidat der SPD an. Die Entscheidung ist richtig, doch der Vorsitzende schadet damit auch seiner Partei, kommentiert Michael Maurer.

Stuttgart - Am Ende hat Sigmar Gabriel wahltaktisch gesehen – und vielleicht auch persönlich – die richtige Entscheidung getroffen. Er tritt nicht als Kanzlerkandidat an, und er gibt den SPD-Vorsitz ab – andere sollen die Verantwortung für die Zukunft der einst so großen und immer noch stolzen Volkspartei SPD übernehmen. Geht es nach Gabriels Willen, dann soll dies der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, sein. In Schulz sieht der scheidende Vorsitzende den Garanten für einen Neuanfang.

 

Doch ob dies eine Mehrheit in der SPD so sieht, muss sich erst noch zeigen. Genau hier wird Gabriels Taktik von endloser Verzögerung und dann abrupter Entscheidung für seine Partei problematisch. Zweifellos hat Schulz im Kampf gegen Angela Merkel um die Kanzlerschaft leicht bessere Chancen als Gabriel. Doch diese Erkenntnis ist nicht neu, auf dieser Basis hätte Gabriel schon vor Monaten seine Entscheidung treffen können. Er hat es nicht getan, er hat seine Partei und die Wähler lange im Ungewissen gelassen und hat nun alle überrumpelt. Wo angesichts der prekären Lage der SPD ein geordnetes Verfahren nötig gewesen wäre, hat er alle Grundlagen für ein länger anhaltendes Chaos gelegt. Damit ist sich der Instinktpolitiker Gabriel zwar bis zum Schluss treu geblieben. Doch seiner Partei hat er nicht gedient.