Der Beamtenbund in Baden-Württemberg hat einen reibungslosen Führungswechsel geschafft: Kai Rosenberger wurde mit fast hundert Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Volker Stich gewählt.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Ludwigsburg - Führungswechsel im Beamtenbund Baden-Württemberg kommen einem tiefen Einschnitt und Neuaufbruch gleich. Volker Stich, der bisherige Vorsitzende, hatte eine solche Ära vor 14 Jahren eingeleitet. Zuvor hatte er Horst Bäuerle abgelöst, der seinerseits zwölf Jahre an der Spitze stand. Beide haben diverse Ministerpräsidenten und Finanzminister von CDU und Grünen mit ihren Vorstößen gequält – und mussten sich nicht selten von ihnen in die Schranken weisen lassen. Nun könnte die nächste Ära beginnen, denn der neue Landesbund-Vorsitzende Kai Rosenberger ist erst 49 Jahre alt und damit ein Mann der Zukunft.

 

Am Dienstag ist Rosenberger beim Gewerkschaftstag in Ludwigsburg zunächst für fünf Jahre zum obersten Lobbyisten der Staatsdiener im Land gewählt worden. Er erhielt eine fast 100-prozentige Zustimmung – von 168 Delegierten votierte lediglich einer mit Nein, und fünf enthielten sich. Es gab keinen Gegenkandidaten: Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), hatte seine Ambitionen frühzeitig revidiert. Stich freute sich über die „große Geschlossenheit“ der Organisation. „Die Richtung, die ich gegenüber der Politik eingeschlagen habe, wurde goutiert.“ Stich war zuvor mit stehenden Ovationen aus dem Amt entlassen worden.

Rücknahme der im Januar 2013 eingeführten Beihilfeverschlechterungen

Rosenberger kommt von der Steuergewerkschaft (DSTG) und war bereits fünf Jahre Beamtenbund-Vize im Land. Entdeckt und für Höheres empfohlen wurde er quasi vom Stuttgarter Thomas Eigenthaler, dem heutigen DSTG-Bundesvorsitzenden. Inhaltliche Differenzen im Landesverband traten in Ludwigsburg nicht zutage. Beruflich aufgestiegen ist der Rottweiler Rosenberger im Finanzamt. Bis zum Konzernprüfer beim Zentralen Konzernprüfungsamt Stuttgart hat er es gebracht. Dort stand er seit 2008 dem Personalrat vor.

Bei seiner Bewerbungsrede betonte er, den konstruktiven Dialog mit der Politik und den Kurs von Stich fortsetzen zu wollen. Zudem möchte er die Gräben zwischen Beamten und Tarifangestellten unter dem Dach des Beamtenbundes weiter schließen. Er stehe für die Solidarität zwischen den Verbänden und Gewerkschaften, sagte Rosenberger. Als zentrales Vorhaben der ersten Amtszeit sieht er die Forderung nach einer Rücknahme der im Januar 2013 eingeführten Beihilfeverschlechterungen für junge Beamte – also ein Ende der 50-Prozent-Beihilfe für Ehepartner sowie im Versorgungsfall. Ferner dringt er auf eine Überarbeitung der Besoldungsstrukturen zur Einebnung der Gehaltsunterschiede zwischen Tarif- und Beamtenbereich sowie zur Einhaltung des verfassungsgemäßen Abstands zum Existenzminimum. Auch strebt er eine zügige Erarbeitung der neuen Entgeltordnung zum Tarifvertrag der Länder (TV-L) an.

Stich bleibt Vorsitzender des Landesrundfunkrats

Eine vor allem intern beachtete Position im Auftrag des Beamtenbundes führt Volker Stich erst mal fort: Erst vor einem Monat war der 67-Jährige als Vorsitzender des Landesrundfunkrats Baden-Württemberg bis Sommer 2020 bestätigt worden. Schon Bäuerle hatte das einflussreiche Amt im SWR inne. Rosenberger hingegen wäre kaum sogleich an die Spitze des Gremiums gewählt worden und hatte Stich den Vortritt gelassen.

An diesem Mittwoch wollen die führenden Landespolitiker den Führungswechsel begleiten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält die Festrede – der Grüne will den Wunsch nach einer Revision des Beihilfebeschlusses offenbar zurückweisen.