Die Autobiografie von Georg Kreisler haben wir schon besprochen. Da er sich auch in seinen Liedern mit den Verbrechen der Nazis auseinander setzte, stellen wir hier seine digital remasterten „Everblacks 2“ vor. Hans Jörg Wangner findet sie stellenweise erschütternd.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Wie nett ist es doch, wenn man auf einer CD einen regionalen Bezug entdeckt. Etwa den, dass Georg Kreisler seine Schallplatte „Everblacks“ 1971 in der Pädagogischen Hochschule Esslingen aufgenommen hat (mit anschließender „guter Diskussion“, so das Booklet). Die „Everblacks 2“ hingegen, jetzt digital remastered erschienen, entstand in Wien, wie der Kabarettist vor dem ersten Lied „Ich hab ka Lust“ erzählt.

 

Ein bisschen aus der Zeit gefallen

Auf doppelte Weise ist diese Doppel-CD ein bisschen aus der Zeit gefallen. Erstens plaudert Kreisler (1922 – 2011) in seinen Conférencen zwischen den Liedern selbst darüber, wie seine Stücke in den 50ern und 60ern skandalisiert wurden (oft aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen). Und zweitens ist seine Kunst heute, sieben Jahre nach seinem Tod, auch nicht mehr so angesagt, wie sie es verdiente. Denn was dieser Mann mit Wort und Stimme und Fingern machte, ist und bleibt phänomenal.

Er hat ja immer ein bisschen damit kokettiert, dass er nicht besonders Klavier spielen könne – seine Virtuosität, grade wenn er ganz gegensätzliche Gesangs- und Pianoparts zusammenzwang, kann einem noch heute den Atem rauben. Genauso sein Fundus an klassischer Klavierliteratur, die er für seine Chansons verwendete.

Fremdenfeindlichkeit, Denunziantentum, Faschismus

Mögen die „Everblacks 2“ unterm Strich nicht so populär sein wie etwa seine fast gassenhauenden „Taubenvergifter“ und sein „Musikkritiker“, so macht das Anhören auch dieser Chansons immer noch großen Spaß. Jedenfalls, so lange er sich im Kabarettistisch-kecken bewegt. Texte jedoch, in denen Kreisler sich mit Fremdenfeindlichkeit, mit Denunziantentum und mit Faschismus auseinander setzt, haben von ihrer Aktualität nichts eingebüßt.

Am wenigsten sein zwischen Moll und Dur changierender, musikalisch etwas gemütvoll einlullender „Weg zur Arbeit“, der aber genauso gut „Die Mörder sind unter uns“ oder „Als Jude unter alten Nazis“ heißen könnte (Textprobe: „Und ich grüße ebenso den Friseurgehilfen Navratil / Der auch in der SS war - oder war es die SA? / Einmal hat er angedeutet, während er mir die Haare schnitt / Was damals in Dachau mit dem Rosenblatt geschah!“).

Da ist gar nichts mehr nett. Das ist nur noch erschütternd.