Lärm nervt, zu viel Lärm macht krank. Doch was ist erlaubt und was schon verboten? Wir klären über gesetzliche Ruhezeiten und zulässige Lärmbelästigungen in Baden-Württemberg auf.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Diesen Satz, den Friedrich Schiller seinem Helden Wilhelm Tell in den Mund legte, beschreibt treffend eine der Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen: Nachbarn piesacken.

 

Es gibt viele Gründe, warum sich Nachbarn in die Haare kriegen. Mit fast 64 Prozent ist Lärmbelästigung der häufigste Grund für Streitigkeiten. Auch um sie zu vermeiden, gibt es gesetzliche Ruhezeiten.

Gesetzliche Ruhezeiten

Ruhezeiten sind nicht bundesweit gesetzlich geregelt, sondern werden von den Bundesländern und den einzelnen Gemeinden festgesetzt. Über die genauen landes- und kommunalrechtliche Vorschriften können Sie sich bei Ihrem zuständigen Ordnungsamt informieren.

Die gesetzlichen Ruhezeiten richten sich nach den jeweiligen Landesimmissionsschutzgesetzen und örtlichen kommunalen Verordnungen. In Baden-Württemberg (und in der Regel auch anderswo in Deutschland) gilt eine Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr und eine Nachtruhe von 22 bis 6 oder 7 Uhr sowie eine ganztägige Sonn- und Feiertagsruhe.

In reinen Wohngebieten ist in Baden-Württemberg für Freizeitlärm nachts ein Grenzwert von 35 Dezibel (dB).

Mittagsruhe

Die Intensität einer Autohupe wird mit 110 dB veranschlagt. Foto: Johannes Schmitt-Tegge/dpa
100 dB wie in einer lauten Fabrikhalle, von einer Kreissäge oder einem Presslufthammer können bei jahrelanger Belastung Gehörschäden zur Folge haben. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Schwerlastverkehr ist nicht nur eine Belastung für die Umwelt, sondern schädigt mit 95 dB auch massiv das Gehör. Foto: G/areth Fuller/PA Wire/dpa

Die Mittagsruhe ist weder auf Bundes- noch auf Länderebene gesetzlich verankert. Im Rahmen der Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchV) gibt es jedoch ein Verbot für den Betrieb bestimmter Maschinen. Wer dem zuwider handelt, dem droht wegen einer Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro.

Zudem kann eine Mittagsruhe privatrechtlich wie zum Beispiel im Mietvertrag oder durch eine Gemeindesatzung oder Verordnung geregelt werden. In Mietverträgen und Hausordnungen wird häufig die Zeit zwischen 13 und 15 Uhr als Mittagsruhe festgelegt.

Gartengeräte

In reinen Wohngebieten gilt die „32. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes“. Laut Paragraph 7 dürfen Geräte und Maschinen wie Rasenmäher, Heckenscheren, Vertikutierer oder Laubbläser im Freien an Sonn- und Feiertagen nicht eingesetzt werden. Werktags ist die Nutzung zwischen 20 und 7 Uhr nicht erlaubt.

Manuell zu bedienende Geräte wie Handrasen- und Spindelrasenmäher sowie Heckenscheren sind immer erlaubt. Handwerksarbeiten wie Bohren und Hämmern sind außerhalb der Ruhezeiten ebenfalls vertretbar.

Nachbarschaftslärm

Ein Flüstern mit einer Lautstärke von 30 Dezibel (dB) kann als Lärm wahrgenommen werden und bereits den Schlaf stören. Foto: Patrick Seeger/dpa
Bei 60 dB (normales Gespräch, leises Radio) stören die Konzentration; erste Belastungsreaktionen treten auf. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Eine angeregte Unterhaltung erreicht bereits einen Wert um 75 dB. Foto: Marijan Murat/dpa

Das Ministerium für Verkehr in Baden-Württemberg definiert Nachbarschaftslärm als Geräusche, „die durch Privatpersonen in der Nachbarschaft hervorgerufen werden und störend oder belästigend wirken“.

Hierzu gehören beispielsweise laute Fernseher, Partys, Heimwerkerarbeiten in der Wohnung oder im Garten oder der Betrieb etwa von Rasenmähern oder Laubbläsern auf Privatgelände.

Nachbarschaftsrecht

Für Alltagsbelästigungen in Mietshäusern gelten die Regelungen des zivilen Nachbarrechts. Der Lärmgeplagte kann auf der Grundlage von Paragraph 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Unterlassung der Belästigung verlangen, wenn diese ihn „wesentlich beeinträchtigt“.

Mieter müssen ihr Recht nicht selbst einklagen, sondern können sich an ihren Vermieter wenden. Der muss sich im Rahmen seiner allgemeinen Schutzpflicht darum kümmern (Paragraph 536 BGB – Stichwort: Mietminderung).

Kinderlärm

Da Baby- und Kleinkindgeschrei zur normalen kindlichen Entwicklung gehört, muss es hingenommen werden. Dazu zählt auch Lärm durch spielende Kinder in der Wohnung und im Freien. Gemäß dem Bundesimmissionsschutzgesetz (Paragraph 22 Abs. 1a) ist dies keine „schädliche Umwelteinwirkung“ und muss im Wohnumfeld (Nachbarschaft oder Wohnhaus) hingenommen werden.

Sogar Fahrten mit dem Bobbycar und Spaziergänge mit dem Puppenwagen auf dem Parkett sind als „normale Fortbewegungsart“ von Kleinkindern erlaubt. Krach ist kindgerecht. Und was kindgerecht ist, ist von Rechts wegen erlaubt. Bei Kinderlärm, heißt es beim Deutschen Mieterbund, sei eine „erweiterte Toleranzgrenze“ angebracht.

Lärm in Mietshäusern

Hausverwaltungen oder Vermieter dürfen die Mittagsruhe vorschreiben. Der Mieter stimmt dem bei Mietabschluss zu. Während der Mittagsruhe ist Zimmerlautstärke erlaubt.

Auch nach 22 Uhr müssen Nachbarn in einem Mehrfamilienhaus anderen Ruhestörungen in einem gewissen Maß tolerieren. Zu den erlaubten Ausnahmen gehören Rollladen runterlassen, Wasserspülung benutzen oder Kinderlärm.

Musikhören und Musizieren

Ein startender Düsenjet in 100 Meter Entfernung bringt es auf 125 dB. Foto: Greek Defence Ministry/AP/dpa
Genauso laut ist eine Trillerpfeife, deren Dauergeräusch in nächster Nähe schon nach kurzer Zeit zu möglichen Gehörschäden führen kann. Foto: Patrick Seeger/dpa

Ganztägiges Musikhören in Zimmerlautstärke ist erlaubt, ebenso das Musizieren außerhalb der nächtlichen oder mittäglichen Ruhezeiten. Beim Musizieren halten Gerichte tagsüber zwei- bis vierstündiges Üben für vertretbar.

Partys

In einer Diskothek werden Werte bis zu 120 dB erreicht. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
100 dB werden von einer Kreissäge oder bei einem Rockkonzert erreicht und führen bei jahrelanger Dauerbelastung zu Gehörschäden. Foto: Jan Woitas/dpa

Nach 22 Uhr handelt es sich bei Lärm um eine Ruhestörung und damit einen Verstoß gegen gesetzliche Ruhezeiten. Gastgeber von Partys können ein Bußgeld drohen, da der Lärm ein Verstoß gegen den Immissionsschutz ist.

Sollten sich Mieter sogar dauerhaft und nachweislich nicht an gesetzliche Ruhezeiten halten, riskieren sie die Kündigung Ihrer Wohnung.