Nach dem Scheitern der Griechenland-Gespräche mit den Geldgebern rückt die Staatspleite des EU- und Natolandes immer näher. Sollte die EZB den griechischen Banken den Geldhahn zudrehen, droht ein Chaos.

Athen/Brüssel - Griechenland schlittert unter seinem kämpferischen Regierungschef Alexis Tsipras immer tiefer in die Krise. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit den Geldgebern stand am Sonntag die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt im Fokus, die Nothilfen für die griechischen Banken entweder weiter aufrechtzuerhalten oder aber zu kappen. Den Banken könnte dann schon bald das Geld ausgehen - Versorgungsmängel, ein schwerer Wirtschaftseinbruch und Unruhen könnten die Folge sein. In Finanzkreisen machte das Wort von einem „schwarzen Montag“ in Griechenland die Runde. Offen blieb zunächst, ob die Banken regulär geöffnet sein würden.

 

Bis zum Sonntagnachmittag hatte die Notenbank sich noch nicht geäußert, nach Informationen aus Kreisen berieten die EZB-Vertreter in einer Telefonkonferenz über ihr weiteres Vorgehen. Trotz Frust und Ärger bei den Beteiligten gab es aber auch noch einige hoffnungsvolle Äußerungen.

Aber weitere Tiefschläge für das überschuldete Land drohen schon am am Dienstag. Dann steht eine Rückzahlung an den Internationalen Währungsfonds über etwa 1,5 Milliarden Euro an, und es ist unklar, ob die Regierung in Athen diese noch leisten kann oder will. Zugleich endet das zweite Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber ersatzlos. Die Euro-Finanzminister hatten am Samstag eine Verlängerung über den 30. Juni hinaus abgelehnt. „Es ist zwar sehr bedauerlich. Aber das Programm wird dennoch am Dienstagabend auslaufen (...) Das ist die letzte Phase gewesen, wo noch eine Einigung möglich gewesen wäre“, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Samstag in Brüssel.

„Plan B wird nun zu Plan A“, sagte der finnische Außenminister Alexander Stubb. Mit Plan B ist möglicherweise die Staatspleite und ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone gemeint. Die Eurogruppe wollte das Hilfspaket nicht verlängern, nachdem der griechische Regierungschef Tsipras überraschend ein Referendum über die Sparforderungen der Geldgeber angekündigt und zugleich zur Ablehnung der Vorschläge aufgerufen hatte.

Das Parlament in Athen setzte die Volksabstimmung dann in der Nacht zum Sonntag dennoch wie von Tsipras gefordert für den 5. Juli an. Dabei sollen die Menschen über das von den Geldgebern vorgelegte Spar- und Reformpaket abstimmen, obwohl es dieses Hilfs-Angebot dann nicht mehr gibt. Allerdings sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, der BBC, wenn es dabei ein „überwältigendes Ja“ geben sollte, dann hieße die Antwort der Geldgeber: „Lasst es uns versuchen“.

„Ich werde mir nicht von Herrn (Wolfgang) Schäuble die Erlaubnis für eine Volksabstimmung einholen“, sagte Tsipras zu Bedenken über den Sinn des Referendums. „Die Würde eines Volkes ist kein Spiel.“ Tsipras rief seine Landsleute dazu auf, die Vorschläge der Geldgeber abzulehnen. Zugleich betonte er, niemand könne Griechenland aus dem Euro drängen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier übte in einem Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ harsche Kritik an der griechischen Regierung. „Ich verstehe nicht, wie eine gewählte griechische Regierung seinem Volk empfiehlt, den europäischen Vorschlag abzulehnen und die Menschen in Griechenland damit in Geiselhaft nimmt, um Europa weitere Konzessionen abzutrotzen“, sagte er. „Der Zickzackkurs der griechischen Regierung in den letzten Stunden und Tagen macht einen doch fassungslos.“

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte nach einem Krisentreffen am Samstag: „Angesichts der Situation müssen wir mit Bedauern zu dem Schluss kommen, dass das Programm Dienstagnacht ausläuft.“ Damit würden bereitstehende Hilfen der Europäer und des IWF für Athen von insgesamt gut 18 Milliarden Euro verfallen.

Nach Einschätzung der Eurogruppe zwingt das Ende des Programms die Athener Regierung zu Notmaßnahmen. Dijsselbloem zufolge soll es technische Hilfe von den Geldgeber-Institutionen geben, um die Stabilität des griechischen Finanzsystems zu sichern. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bekräftigte wie seine Kollegen, dass Griechenland Mitglied der Euro-Zone und Teil der EU bleibe. Allerdings steuere Griechenland nun auf akute Schwierigkeiten zu. Es werde schwierig für Athen, Verpflichtungen zu erfüllen. „Die Enttäuschung ist schon sehr groß. Das ist kein guter Tag“, sagte Schäuble weiter.

Als eine der wenigen eher noch etwas optimistischen Stimmen meldete sich EU-Währungskommissar Pierre Moscovici am Samstagabend in Brüssel zu Wort: „Für mich und die Kommission bleibt Griechenland ein Euro-Land.“

Und wie immer zuversichtlich gab sich auch Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis. Er nahm speziell Kanzlerin Angela Merkel in die Pflicht. Der „Bild“-Zeitung (Montag) sagte er im Hinblick auf die CDU-Politikerin: „Die Regierungschefs der EU müssen handeln. Und von ihnen hält sie als die Vertreterin des wichtigsten Landes den Schlüssel in der Hand.“ Er betonte, Athen sei für ein neues Angebot seiner Gläubiger immer noch offen. Über dieses könnte dann beim Referendum abgestimmt werden.