Gut jeder vierte Deutsche sucht mindestens einmal pro Jahr wegen Rückenschmerzen einen Arzt auf. Viele werden chronisch krank. Was helfen kann, die Schmerzen zu lindern, wann eine Operation sinnvoll sein kann – und wann nicht, das haben Experten bei unserer Telefonaktion erklärt – und zwar vom Klinikum Stuttgart: Christian Knop, Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Leiter des Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrums, Stefan Junger, Leiter der Schmerzambulanz, und Guido Nikkhah, Oberarzt der Neurochirurgischen Klinik. Vom Landesverband des Deutschen Verbandes für Physiotherapie waren vertreten: Vorstandsmitglied Michael Austrup sowie Klaus Breyer von der Physiotherapie-Praxis Physio 21 Stuttgart und Andreas Haag vom Physiotherapiezentrum Unicum Stuttgart.

 

Ich bin 54 Jahre alt und schon zweimal wegen eines Bandscheibenvorfalls operiert worden. Doch jetzt hat sich Narbengewebe gebildet und die Schmerzen haben eher zu- denn abgenommen. Die Ärzte raten von einer weiteren Operation ab. Was kann ich jetzt noch tun?

In diesem Fall könnte eine Rückenmarkstimulation die Lösung sein. Die Erfolgsrate bei solchen Schädigungen, die andauernde Schmerzen verursachen, liegt bei rund 80 Prozent. Und, was wichtig ist: Wir können die Effektivität testen, bevor der Generator in Gesäßhöhe unter die Haut implantiert wird. Die Testphase dauert etwa vier Wochen. Bei Unwirksamkeit werden die Elektroden einfach entfernt.

Bei mir wurde Skoliose diagnostiziert, die Schmerzen sind heftig. Ich werde zwar medizinisch betreut, frage mich aber, ob ich selbst auch etwas tun kann?

Grundsätzlich tut auch bei dem Krankheitsbild Skoliose Bewegung gut. Denn Betroffene sollten versuchen muskulär der Verkrümmung des Rückgrats entgegenzuwirken. Es gibt eine spezielle Krankengymnastik nach Katharina Schroth, die auf Skoliose ausgerichtet ist. Dabei wird an einer aufrechten haltung – mit und ohne Geräte – gearbeitet.

Ich sitze viel im Büro und abends plagt mich ein dumpfer Schmerz im unteren Rücken. Was kann dagegen helfen?

Die Antwort lautet: Bewegung. Jeder, der viel im Sitzen arbeitet, sollte versuchen, möglichst viele Tätigkeiten weg vom Stuhl zu verlagern. Beispielsweise statt interne E-Mails zu verfassen, lieber gleich zum Kollegen hinlaufen. Aufzüge meiden, lieber die Treppe nehmen und beim Sitzen häufig eine kleine Bewegungspausen einlegen – also alle ein bis zwei Stunden. Wichtig ist auch, den Arbeitsplatz nach ergonomischen Gesichtspunkten, prüfen zu lassen. Und – was ebenfalls wichtig ist – wer tagsüber sitzt, sollte abends ein paar Dehnungs- und Streckübungen zu machen. Eine Viertelstunde pro Tag ist schon ausreichend.

Der Schaden an meiner Wirbelsäule sollte eigentlich operiert werden, sagen die Ärzte. Doch das versuche ich zu vermeiden: Ich bin mit Anfang 80 Jahren doch sicher zu alt für eine Operation, oder?

Die Operationsmethoden haben sich sehr verfeinert, weshalb es eigentlich keine Altersgrenze für Operationen mehr gibt. Ob ein solcher Eingriff sinnvoll ist, bemisst sich auch nicht nur anhand des Krankheitsverlaufs, sondern auch davon, wie aktiv der Betroffene noch im Leben steht und was er noch vorhat. Allerdings muss natürlich auch gesagt sein, dass das Knochenmaterial im Alter nicht besser wird. Ist der Knochen zu brüchig, wird der Arzt genau prüfen, ob eine Operation noch sinnvoll ist.

Grundsätzlich mal gefragt: Wann ist der Rückenschmerz ein Notfall?

Ein Arztbesuch steht an, wenn der Rückenschmerz einem Unfall gefolgt ist – einem Sturz oder Autounfall. Ebenso, wenn eine Krebserkrankung vorliegt oder der Rückenschmerz mit plötzlich auftretendem Fieber und Schüttelfrost einhergeht. Taubheitsgefühle oder Lähmungen in den Beinen sowie Probleme beim Toilettengang können ebenfalls ernstzunehmende Warnzeichen sein.

Sind Schmerzmittel schon bei leichten Rückenschmerzen sinnvoll?

Der frühzeitige und richtige Einsatz von Schmerzmitteln kann das Risiko einer Chronifizierung reduzieren. Andererseits sollte die Schmerzbehandlung nicht allein auf Medikamenten beruhen, sondern durch Sport und weitere Therapien begleitet sein. Denn der allzu unbesorgte Einsatz von Schmerzmitteln führt schnell zu weiteren gesundheitlichen Folgen. Daher gilt: auch rezeptfreie Medikamente sollten ohne ärztlichen Rat keinesfalls länger als zwei Wochen eingenommen werden.