Da Raasch bei dem Zwischenfall selbst mittendrin war, mit einem Ellenbogen-Schlag attackiert und am Unterkiefer verletzt worden ist, hat der gelernte Altenpfleger ganz genau gesehen, wie sich die Beamten verhalten haben. Sein Urteil: „Die Polizei war überhaupt nicht übergriffig. Sie hat so gehandelt, wie man handeln muss, wenn Straftaten geschehen.“ Ausdrücklich bedankt sich Raasch für den „besonnenen Einsatz“ der Ordnungskräfte bei der gesamten Parade. Auch der Stuttgarter Polizeipräsident Markus Eisenbraun war bei der Parade mitgefahren.
Sollten Plakate bei der CSD-Parade „zensiert“ werden?
Der CSD-Sprecher will die Antifa-Gruppen nicht generell kritisieren. „Wir hatten aus dieser Bewegung Teilnehmenden in Fußgruppen, die sich korrekt ohne Randale verhalten haben“, sagt er. Antifa sei nicht gleich Antifa. Man müsse da „ganz genau differenzieren“. Auf dem Transparent einer Formation, die dem linken Spektrum zugeordnet wird, stand bei der Parade am Samstag: „CDU, Konzerne, Polizei! Verpisst euch, das ist unsere Pride.“
Aus der Community sind Stimmen laut geworden, das Organisationsteam müsse vor dem Start der Parade die Formationen ablaufen und Plakate rausziehen, die bei einer Demonstration für Vielfalt nicht zu tolerieren seien. „Dies können wir nicht machen, weil Meinungsfreiheit gilt“, argumentiert hingegen Detlef Raasch. Nach seiner Beobachtung sorgten für den Zoff nicht die Menschen aus dem linken Spektrum, die auf der Route vom Feuersee zur Planie mitgelaufen seien – es seien vielmehr junge Leute gewesen, die beim Umzug gar nicht dabei waren.
Nach Informationen unserer Redaktion kamen die Störerinnen und Störer gar nicht aus Stuttgart. Es handele sich bei ihnen um junge Hitzköpfe aus Reutlingen, ist aus der Szene zu erfahren. Sie seien meist unter 20 Jahre alt. Auch in der Stuttgarter Antifa-Szene sind viele, wie wir erfahren haben, verärgert über die Attacke. Die Kritik daran treffe nun alle, ist zu hören.
Inzwischen hat sich auch die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken, die Schirmfrau des Stuttgarter CSD, zu dem Zwischenfall geäußert. „Es ist mir unverständlich, dass ein so friedliches und fröhliches Fest für die Liebe und das Leben wie der CSD in Stuttgart durch einen solchen Protest gestört wird“, erklärt sie. Dass dieser Protest in Gewalt mündete, sei „absolut inakzeptabel“.
In einer Erklärung der Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion heißt es, der CSD stehe „wie keine andere Veranstaltung in dieser Stadt seit Jahrzehnten für ein Miteinander, für Gewaltfreiheit, für Akzeptanz und für Toleranz“. Deshalb dürfe es nicht, dass der CSD durch Gewalttaten in Mitleidenschaft gezogen wird“, erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz und fordert die linke Fraktionsgemeinschaft dazu auf, sich von diesen Gewalttaten zu distanzieren. „Wir dürfen uns den CSD nicht von linken Chaoten kaputt machen lassen“, sagt Kotz.
Kritik auch von Luigi Pantisano vom Linksbündnis
Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit (Linksbündnis) ist „sauer ohne Ende“. Man dürfe sich von einer Antifa-Gruppe nicht die Spielregeln des sonst friedlichen CSD diktieren lassen. Ihr Fraktionskollege Luigi Pantisano kommentiert den Übergriff so: „Da hat irgendwer vergessen, auf welcher Seite die Gegner unserer vielfältigen Gesellschaft stehen.“ Hannes Rockenbauch (SÖS) sieht es so: „Die Community muss in diesen Zeiten verstärkt für Ihre Rechte kämpfen und das ohne Gewalt. Ich verurteile jeden Übergriff auf Mitglieder und Repräsentanten der Bewegung aufs Schärfste!“
Auch Florian Wahl, der queerpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, kritisiert die Attacken. „Der CSD ist eine Veranstaltung voller Liebe und Stolz“, betonte er, „für uns ist es selbstverständlich, dass Gewalt dort nichts verloren hat.“ Wie dramatisch Gewalt im queerfeindlichen Kontext ist, sei erst im vergangenen Woche bei einer großen Veranstaltung der SPD-Landtagsfraktion ausführlich besprochen worden. „Dass wir wenige Tage später wieder über Attacken diskutieren müssen, zeigt, wie wichtig all unsere Anstrengungen sind und wie viel Arbeit wir noch vor uns haben“, so Wahl.