Die Grünen zeigen sich geschlossen wie nie – die Frage ist, ob das von Dauer ist, kommentiert unsere Autorin Barbara Thurner-Fromm.

Stuttgart - Winfried Kretschmann hat in seiner Laufbahn viele Niederlagen einstecken müssen. Jahrelang konnte er sicher sein, dass seine Vorschläge in der Bundespartei wenig bis gar kein Gehör finden und von der linken Parteibasis regelmäßig niedergestimmt werden. Bei den Grünen war er sehr lange ein Exot, der außerhalb Baden-Württembergs als nur schwer vermittelbar galt. Kretschmann hat das mit stoischer Brummigkeit ertragen und sich nicht beirren lassen.

 

Er wird wohl auch kaum abheben, weil er in einer Umfrage nun zum beliebtesten Politiker Deutschlands avanciert ist und die Menschen ihn plötzlich sympathischer finden als Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier oder Wolfgang Schäuble. Als erfahrener Politiker und guter Katholik weiß er, dass Stimmungen flüchtig sind und „Hosianna“ und „Kreuzigt ihn“ sehr nah beieinander liegen. Eine gewisse Genugtuung dürfte der neue grüne Übervater aber schon darüber empfinden, wie sehr die Parteifreunde aus der Republik nun an seinen Lippen hängen. Dem Pädagogen dürfte auch gefallen, wie diszipliniert sich die Partei verhält und wie lernwillig sie zu sein scheint. Nicht mal Boris Palmer weiß im Moment alles besser. Die Frage ist nur, ob die Grünen auch beherzigen, was Kretschmann ihnen predigt: Seid authentisch und kompromissbereit.